Global Factor Views: Gute Aussichten für Growth und Quality, Vorsicht beim Faktor Momentum
Die US-Wirtschaft ist noch immer stark, unterstützt von einem stabilen Arbeitsmarkt und steigender Produktivität, die vor allem auf die höheren Investitionen nach der Pandemie und der anhaltenden Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz zurückzuführen ist.
Seit Anfang des Jahres hat die Inflation weniger stark nachgelassen als erwartet, was sich aber als statistisches "Rauschen" erweisen könnte, das zum Teil auf die Saisonbereinigung zurückzuführen ist. Die Märkte spiegeln eine Zinsentwicklung wider, die dem Median der Erwartungen der Federal Reserve entspricht: Vermutlich werden die Zinsen in diesem Jahr dreimal gesenkt und die Bilanzsummenanpassung „recht bald“ verlangsamt.
Im Euroraum gibt es einige Anzeichen für eine Erholung des Dienstleistungssektors, aber insgesamt sind die Aussichten schwächer als für die USA. Trotz der rückläufigen Inflation dürfte die Europäische Zentralbank ihren Leitzins erst im Juni erstmals senken. Für dieses Jahr erwarten wir drei Zinsschritte.
Ausblick für Aktienfaktoren
Angesichts der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Lage und der Zinserwartungen haben wir unser Global Factor Dashboard wie folgt angepasst:
Abbildung 1: AXA IM Factor Dashboard (April 2024)
Quelle: AXA IM, Stand April 2024
Die Zahlen (Scores) in der Zinsspalte (Interest Rates) signalisieren, wie Faktoren in der Vergangenheit auf fallende Zinsen reagiert haben. Gemessen am Niveau und an der Veränderungsrate des Institute of Supply Management (ISM) New Orders Index1 befinden wir uns zurzeit in der „frühen Beschleunigungsphase“ des Zyklus. Die Scores in der Konjunkturspalte des Dashboards (Macro) zeigen, wie sich die Faktoren früher in solchen Phasen verhalten haben. Alle Einzelheiten über unsere Dashboard/Scorecard-Methodik finden Sie hier.
Gemessen am gesamtwirtschaftlichen Umfeld sowie an der Zinsentwicklung und der Markttechnik (also dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage und der kurzfristigen Volatilität) haben die Faktoren Growth und Quality in unserem Dashboard die höchsten Scores. Die Faktoren Niedrige Volatilität (Low Volatility) und Bewertung (Value) haben die niedrigsten Punktzahlen.
Der Momentumfaktor ist am stärksten gefallen. Er bezieht sich auf Aktien, deren Kurse in den letzten zwölf Monaten im Vergleich zum Gesamtmarkt am deutlichsten zugelegt haben. Bei der letzten Veröffentlichung unserer Scorecard im November war Momentum der Faktor mit der höchsten Punktzahl. Dies blieb bis Anfang 2024 so, unterstützt von günstigen Makro- und Mikrobedingungen. Seitdem haben Momentumaktien hohe Mehrerträge erzielt (Abbildung unten). Dadurch war das Interesse an ihnen so gestiegen, dass sie jetzt überkauft sind, woraufhin unser Modell für das technische Umfeld einen niedrigeren Score errechnet hat und der Momentumfaktor an Attraktivität verloren hat.
Abbildung 2: Performance internationaler Faktoren in den letzten drei und sechs Monaten
Quelle: AXA IM, Stand April 2024
Im Folgenden erläutern wir unsere Einschätzungen der Aktienfaktoren.
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Growth: Positiv
Nach unserem Makromodell befinden wir uns in der „frühen Beschleunigungsphase“ des Zyklus. In der Vergangenheit hat sich Growth dann immer gut entwickelt. Wachstumsaktien profitieren zudem von der Aussicht auf sinkende Zinsen, und die allgemeine Erwartung, dass die Leitzinsen bald gesenkt werden, erklärt den höheren Score des Faktors. Auch der Indikator für das technische Umfeld spricht für Growth, vor allem, weil die Volatilität in den letzten Monaten zurückgegangen ist. Wachstumsaktien sind gemessen an den erwarteten Unternehmensgewinnen zwar nicht billig, aber auf dem aktuellen Niveau wird der Growth-Faktor von der Bewertung gestützt.
Qualität (Quality): Positiv
Für Qualitätsaktien, also für Titel von besonders rentablen Unternehmen, bleiben wir optimistisch. In frühen Phasen eines Zyklus entwickeln sich Qualitätsaktien meist gut. Alles in allem ist der Quality-Faktor überdurchschnittlich bewertet, aber anders als andere Faktoren hat er in der Vergangenheit nicht auf hohe Bewertung reagiert. Für Qualitätsaktien empfehlen wir einen aktiven zukunftsorientierten Ansatz, der sich leichter an Veränderungen der Marktbedingungen anpassen lässt.
Momentum: Neutral
Bei der letzten Veröffentlichung unserer Scorecard im November stand der Momentumfaktor ganz oben. Dies blieb bis Anfang 2024 so, unterstützt von günstigen Makro- und Mikrokennzahlen. Zwar sprechen das gesamtwirtschaftliche Umfeld und die Zinserwartungen noch immer für Momentumaktien, aber aufgrund ihrer stark überdurchschnittlichen Entwicklung sind sie jetzt überkauft, also sehr populär.
Ein Popularitätsmaß, das mittlerweile ein negatives Warnsignal gibt, ist die relative 1-Monats-Streuung der Renditen. Diese Kennzahl misst die Schwankung der Faktorerträge. Volatile Erträge sind ein Zeichen für Diversifikation, also dafür, dass sie aus unterschiedlichen Quellen stammen. Eine parallele Entwicklung, wie wir sie derzeit sehen, spricht dagegen für eine sehr starke Nachfrage, und die war in der Vergangenheit kein gutes Zeichen für die künftige Performance. Anlegern, die in Momentumaktien investiert bleiben wollen, empfehlen wir Papiere mit hoher Gewinndynamik. Sie sind bislang noch nicht überkauft und enger mit den künftigen Fundamentaldaten als mit dem Kursmomentum verknüpft.
Bewertung (Value) – Negativ
Gesamtwirtschaftliches Umfeld und Zinserwartungen sprechen eher für Growth als für Value. In der Vergangenheit haben Value-Aktien schlechter abgeschnitten als Growth-Aktien, wenn unser ISM-Index-Makromodell signalisiert hat, dass wir uns in einer frühen Zyklusphase befinden. Auch bei fallenden Zinsen, wie sie der Markt bald erwartet, waren sie bislang schwach. Auf unserem Dashboard haben die Bewertungs- und Markttechnikindikatoren für Value zurzeit einen neutralen Score.
Niedrige Volatilität (Low Volatility): Negativ
Der Faktor Low Volatility hat bei uns derzeit die niedrigste Punktzahl, weil er sich üblicherweise unterdurchschnittlich entwickelt, wenn sich die makroökonomische Stimmung in der frühen Beschleunigungsphase des Zyklus befindet und unter fallenden Zinssätzen leidet. Nach ihrer zuletzt schwachen Performance sind Aktien mit niedriger Volatilität derzeit günstig bewertet. Deshalb ist ihr Bewertungs-Score in den letzten drei Monaten gestiegen. Wir möchten aber auch anmerken, dass jede negative Konjunkturüberraschung vermutlich günstig für niedrigvolatile Aktien wäre, die sich traditionell durch defensive Eigenschaften auszeichnen.
Rechtliche Hinweise