Klimaschutzdivergenz, Konjunkturkonvergenz
- Biden wird es jetzt schwerer fallen, bei seinen Klimaplänen den Kongress zu umgehen. Die Unterschiede zur EU werden immer deutlicher, zumal das europäische Parlament gerade erst den Emissionshandel verlängert hat.
- Beim Abschwung und dem Rückgang der Zinserwartungen nähern sich Europa und die USA aber an.
Bis letzte Woche schien es, als könne Joe Biden sein Klimaschutzprogramm auch ohne Kongressmehrheit retten. Schließlich unterstehen ihm ja Bundesbehörden. Wenn schon kein Gesetz, dann doch zumindest eine Verordnung. Der Oberste Gerichtshof versetzte solchen Plänen letzte Woche aber einen schweren Schlag. Er entschied, dass die Umweltbehörde EPA die Energieerzeugung in den USA nur mit Zustimmung des Kongresses grundlegend reformieren könne. Diese Forderung nach einer Zustimmung des Kongresses könnte auch andere Projekte gefährden, bei denen die Regierung das Parlament vielleicht umgehen will. Dazu könnte auch die Regulierung von Nachhaltigkeitsanleihen zählen, der sich die Wertpapieraufsicht immer intensiver widmet. Der Gegensatz zur EU könnte größer nicht sein: Gerade erst hat das Europäische Parlament die Verlängerung des Emissionshandels (ETS) und die Ausweitung der CO2-Grenzabgabe beschlossen. Noch ist das Gesetzgebungsverfahren aber nicht abgeschlossen, zumal letzte Woche bekannt wurde, dass der Rat manches anders sieht. Zumindest unterstützen aber alle wichtigen europäischen Parteienfamilien den Kampf gegen den Klimawandel und die CO2-Bepreisung. Ohne einen ähnlichen Konsens dürften die USA kaum zur führenden Klimaschutznation werden. Ein Erfolg der COP-27-Konferenz im November wird unwahrscheinlicher.
So sehr sich die USA und Europa beim Klimaschutz auseinanderentwickeln, so sehr nähern sich ihre Konjunkturdaten an. Es gibt immer mehr Anzeichen für einen Abschwung. Im Mai gab der US-Konsum erstmals eindeutig nach, und die Konjunkturumfragen der Europäischen Kommission bestätigten die schwachen Einkaufsmanagerindizes (PMIs). Das Geschäftsklima lässt merklich nach, und der Markt reagiert. Für dieses Jahr erwartet man jetzt weniger Zinserhöhungen. Mittlerweile liegt die zum Jahresende erwartete Federal Funds Rate unter der Medianprognose der Fed und der Einlagensatz der EZB unter seiner „neutralen Spanne“. Aber das hilft nicht allen Assetklassen. Im Anleihenbereich ließ der Druck auf Investmentgrade-Titel zwar nach, aber für High Yield gilt das Gegenteil. Hier wiegen die höheren Rezessionsrisiken schwerer als die Hoffnung auf eine weniger restriktive Geldpolitik. Entscheidend werden die Arbeitsmarktdaten in dieser Woche sein.
Rechtliche Hinweise
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