Wie man Freunde gewinnt und Länder beeinflusst
- Nach dem Embargo auf russisches Öl steht jetzt das Gas auf der politischen Tagesordnung.
- Wir untersuchen das Konzept der „Cliquenbildung“ von Janet Yellen.
- Außerdem vergleichen wir die Inflation diesseits und jenseits des Atlantiks und geben eine Vorschau auf die Sitzung des geldpolitischen Rats der EU.
Nachdem sich die Europäische Union auf ein Öl-Embargo gegen Russland geeinigt hat, ist die Diskussion über Gas der natürliche nächste Schritt. Die Politik hat dazu einige Ideen, die in Richtung von „Verbraucherkoalitionen“ für Verhandlungen mit Ölanbietern gehen. Die Festlegung eines Höchstpreises, zu dem die Unternehmen in den Mitgliedstaaten Erdgas aus Russland beziehen könnten, könnte für die EU ein reizvoller Gedanke sein. Wie Moskau auf einen solchen Vorschlag reagieren würde, ist allerdings schwer zu sagen.
Aber neben den Bemühungen der EU muss der gesamte Westen dringend zusammenrücken. In einer Rede im April sprach sich Janet Yellen dafür aus, „freundschaftliche Lieferketten“ mit „vielen vertrauenswürdigen Ländern zu bilden, damit die USA ihren Marktzugang sicher ausbauen und die wirtschaftlichen Risiken für sich selbst sowie für ihre vertrauten Handelspartner senken können“. Letzte Woche kritisierte Raghuram Rajan dieses Konzept und verwies dabei auf ein Nord-Süd-Gefälle. Er führte an, dass nur Länder in die Handelsclique aufgenommen werden könnten, die ähnlich weit entwickelt seien. Emerging Markets und Schwellenländer könnten ins Hintertreffen geraten und möglicherweise nicht weiter von der Globalisierung profitieren. Eine Steigerung ihrer Lebensstandards auf das Niveau der Industrieländer bliebe ihnen verwehrt. Wir denken das weiter. Der Westen könnte eine Einflusssphäre aufbauen wollen, die auch einige ärmere Länder einschließt. Er könnte aber auch versucht sein, zum Schutz der inneren Sicherheit die Einbindung des Südens zu beenden. Ein Verzicht auf die Zusammenarbeit mit Niedriglohnländern könnte gegen die sozialen Spannungen im eigenen Land helfen, auch wenn das künftige Wachstum belastet würde. Dies hätte erhebliche geopolitische Auswirkungen. Ein großer Unterschied zum alten Kalten Krieg ist, dass der Ostblock damals wirtschaftlich nicht relevant war. Heute dagegen ist China zweifellos sowohl für Industrie- als auch für Schwellenländer interessant.
Wir haben uns die Inflation auf beiden Seiten des Atlantiks angesehen. Aus unserer Sicht hat die jüngste Annäherung keine fundamentalen Gründe: In Europa ist die Teuerung weniger tief verankert als in den USA. Dennoch gibt es erste Hinweise auf einen allmählichen Rückgang der Inflation in den USA. Die in dieser Woche erscheinenden Kerninflationszahlen dürften interessant sein. Im Moment sind die Zentralbanken aber weiterhin nervös. Wir geben eine Vorschau auf die Sitzung des geldpolitischen Rats der EU. Die Wahrscheinlichkeit einer Anhebung des Leitzinses um 50 Basispunkte im Juli steigt, hängt aber weiter von den Daten ab. Hier könnte es auf die Juni-Inflation ankommen. Ein guter Grund, es bei 25 Basispunkten zu belassen, wovon wir nach wie vor ausgehen, ist, dass niemand weiß, wie der Anleihenmarkt auf das beschlossene Ende des Quantitative Easing reagiert. Die EZB könnte gut daran tun, sich die Zeit zu nehmen, um die Reaktion der Märkte besser einschätzen zu können, bevor sie „ans Eingemachte“ geht.
Rechtliche Hinweise
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