Investment Institute
Die Sicht des CIO

Gier!


Der ungezügelte Kapitalismus hat seine Grenzen. Das sieht man auch im Fußball. Seine Kunden, also die Fans, konnten das Produkt letztes Jahr nur eingeschränkt genießen. Und es drohte eine noch größere Distanz zum zahlenden Publikum, mit einem verheerenden Echo. Vielleicht hat Corona dazu geführt, dass die Menschen jetzt noch ein bisschen weniger bereit sind, Gier zu tolerieren. Auch Politiker können daraus viel lernen. Für das Gemeinwohl ist wichtig, dass man jetzt weiter gegen Corona kämpft, der Wirtschaft aus der Rezession hilft und dass Unternehmen und Politik zur Energiewende beitragen. Nichts spricht deshalb dafür, dass die glückliche Ehe zwischen der Geld- und Fiskalpolitik bald geschieden wird. Die Bilanzsummen der Notenbanken und die Staatshaushalte bleiben groß.  Anleiheninvestoren, entspannt Euch! 

Sie werden das schon schlucken … oder doch nicht? 

Letzte Woche wurde bekannt, dass die Eigentümer der zwölf größten europäischen Fußballclubs das Say’sche Gesetz aus dem VWL-Lehrbuch völlig missverstanden hatten. Angebot schafft sich seine eigene Nachfrage, heißt es. Das bedeutet aber keineswegs, dass man produzieren kann, was man will, und sich dann schon Käufer finden. Say meinte nur, dass die Produktion von Gütern Einkommen erzeugt, sodass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigt. Wie auch immer: Die zwölf Super-League-Mitglieder wollten nach dem Vorbild des amerikanischen Franchise-Modells einen neuen Wettbewerb ins Leben rufen. Sie hofften, dass sich die Europäer dafür erwärmen könnten. Ich bin sicher, dass sie auf einen Saisonhöhepunkt wie den einnahmenstarken Super Bowl in den USA hofften. Auf Lady Gaga, die die Europahymne singt, wenn Juventus Turin zum 18. Mal in nur einem Jahr gegen Real Madrid antritt. Die ganze Idee war absurd. In der Wirtschaft wäre es undenkbar, dass sich die führenden Unternehmen gemeinsam ein neues Geschäftsmodell ausdenken, das dann von Mitarbeitern (Trainern und Spielern), Kunden (Fans), Geschäftspartnern (Sponsoren) und den Aufsichtsbehörden (UEFA und FIFA) rundweg abgelehnt wird. Die Super-League-Mitglieder glaubten wohl, dass Dabeisein alles ist und es keine Verlierer gibt. Aber so funktioniert Profisport nicht. Beim Sport geht es ja schließlich darum, dass einer gewinnt und ein anderer verliert. Aber es dürfen nicht immer dieselben gewinnen und verlieren. Die Unberechenbarkeit, die Dramatik eines Tors in der letzten Minute, überraschende Siege von Underdogs gegen Spitzenteams und Spiele, für die sich Menschen aller sozialen Schichten interessieren – all das sorgt dafür, dass Fans ins Stadion kommen und für Fernsehübertragungen bezahlen. Zum Glück wurde die Idee schnell kassiert (wenn auch wohl nicht ohne Folgen), da für ein solches Angebot keinerlei Nachfrage bestand.

Abwarten und Tee trinken 

Unterdessen war es an den Finanzmärkten recht ruhig. In den letzten Wochen hörte ich oft, dass man am Markt erst einmal abwartet. Die Sache scheint klar: Wir warten auf die Bestätigung, dass sich die Weltwirtschaft am Beginn eines langen Aufschwungs befindet. Vor allem die Aktienkurse sind diesen Monat stark gestiegen. Ich habe ja schon geschrieben, dass der April oft ein guter Aktienmonat ist, und tatsächlich sind viele Indizes auf neue Hochs gestiegen. In den USA erleben wir gerade den Höhepunkt der Berichtssaison für das 1. Quartal. Etwa ein Fünftel der Unternehmen hat seine Zahlen bereits vorgelegt, und die Gewinne liegen im Schnitt um 34% über den Erwartungen. Die Prognosen für die S&P-500-Unternehmen bleiben optimistisch. Die Gewinne je Aktie sollen um durchschnittlich 24% über denen des 1. Quartals 2020 liegen, und 2020 begann ja bereits im 2. Quartal die Erholung. Für 2022 werden weitere 16% Zuwachs erwartet. Noch immer scheint der Markt gemessen am klassischen Kurs-Gewinn-Verhältnis teuer (mit zurzeit 25,5% auf Basis der Gewinnerwartungen für dieses Jahr). Andererseits ist die Liquidität hoch wie nie, und die Realzinsen sind niedrig. Eine Gewinnrendite von 4% ist nun einmal sehr viel mehr als ein risikoloser Zins von 1,6%. Wenn sich der Konjunkturausblick nicht wieder ändert und die Anleihemärkte stabil bleiben, heißt Abwarten für mich nichts anderes, als voll investiert zu bleiben.

Frühlingsruhe 

Am Anleihemarkt scheint man zu glauben, dass 100 Basispunkte Renditeanstieg genug sind. Seit letztem Sommer ist die Zehnjahres-Benchmarkrendite um einen vollen Prozentpunkt gestiegen. Jetzt scheint sie sich bei etwa 1,55% bis 1,65% zu stabilisieren. Diese Konsolidierung zeigt eine gewisse Unsicherheit der Investoren über den Konjunkturausblick. Dies hat zwar nichts an der grundsätzlich guten Stimmung geändert, aber man sollte dennoch auf der Hut sein. Es gibt viele Risikofaktoren. Da ist zunächst Corona. Weltweit steigen die Inzidenzen weiter, und in vielen Ländern zeigen die Impfungen noch keine Wirkung. Es gibt zu wenig Impfstoff und logistische Probleme. Manche Impfstoffe scheinen auch nicht gut zu wirken. Vor einigen Wochen schrieb ich, dass die Normalisierung des internationalen Reiseverkehrs und die vollständige Öffnung der Grenzen trotz der niedrigeren Inzidenzen und höheren Impfquoten in den Industrieländern noch Zeit brauchen. In manchen Ländern bleibt die Coronalage nämlich problematisch, etwa in Indien und Brasilien.  Zweitens könnten in den USA die Steuern erhöht werden. Eine vollständige Rücknahme der Trump’schen Steuersenkungen ist zwar unwahrscheinlich, aber die Märkte mögen nun einmal keine Steuererhöhungen. Sie haben oft große Auswirkungen auf manche Sektoren. Irgendwann könnte zwar auch das anschwellende US-Haushaltsdefizit Sorgen machen,  doch solange die Fed die meisten neuen Staatsanleihen übernimmt, irritiert vor allem die Aussicht auf höhere Steuern. Drittens gibt es dann noch die Weltuntergangspropheten, die glauben, dass alles auf Sand gebaut ist und Spekulationsblasen irgendwann das gesamte Finanzsystem zusammenbrechen lassen. Ich glaube allerdings nicht, dass all das den jüngsten Rückgang der Anleiherenditen erklärt. Viel hat einfach nur mit Stimmung zu tun –  und mit Angebot und Nachfrage. Vielleicht glauben die Investoren der Fed, wenn sie sagt, dass sie die Geldpolitik nicht eher straffen will als bislang angekündigt. Die Investoren sollten diese ruhige Zeit einfach genießen.

Machen Sie sich keine Sorgen, aber analysieren Sie die Lage 

Alle Diskussionen darüber, ob die Inflation nach dem 2. Quartal anhält, die Fed schon in diesem Jahr die Anleihekäufe verringern muss und der Aktienmarkt die Mutter aller Preisblasen ist, werden so bald nicht entschieden sein. Werden sie es überhaupt jemals? Wenn die Kurse auf neue Höchststände steigen und die Erträge so lange so hoch sind, redet man immer über Preisblasen. In den letzten 20 Jahren ist die Inflation mal gestiegen und mal gefallen, ohne dass dies wirklich Probleme gemacht hat. Die Fed wird ihre Geldpolitik dann ändern, wenn sie es für sinnvoll hält. Doch wenn sie so weitermacht wie in den letzten Jahren, wird sie weit von der früher üblichen drakonischen Straffung der Geldpolitik entfernt sein. Ich selbst mache mir nie zu große Sorgen über Dinge, die ich nicht beeinflussen kann. Stattdessen investiere ich in Titel, mit denen ich mich wohlfühle, und bemühe mich um ein ausgewogenes Portfolio – mit der Aussicht auf etwas Wertzuwachs und etwas Stabilität, wenn die Zeiten unsicher sind. Einstweilen bieten Aktien stabile Erträge, und auch mit Anleihen verdient man wieder etwas mehr. Viel spricht dafür, dass es den Industrieländern gelingt, Corona zu besiegen. Dann können sich die Anleger noch etwas länger über eine gute Marktentwicklung freuen.  

Kein Weg zurück 

Über das US-Haushaltsdefizit habe ich schon geschrieben. Überall sind die Staatsschulden gestiegen. Die EU-Statistikbehörde Eurostat schreibt, dass die Schuldenstandsquote (Staatsschulden/BIP) im Euroraum 2020 auf 98% gestiegen ist und das Haushaltsdefizit der EU-Länder zuletzt umgerechnet 7,2% des BIP betrug. Im letzten Haushaltsjahr, das am 31. März zu Ende ging, hat sich der britische Staat netto 303 Milliarden Pfund geliehen, fast 14% des BIP. Hier ist die Schuldenstandsquote von 84,4% im letzten Haushaltsjahr auf zuletzt 97,7% gestiegen. Die jüngsten Prognosen des Congressional Budget Office erwarten für 2020 in den USA ein Defizit von 14,9% des BIP und eine Schuldenstandsquote von 100,1%. Für Friedenszeiten ist das enorm viel. Die Pandemie hat die Staatsverschuldung letztes Jahr zweifellos steigen lassen, führte sie doch zu Arbeitsplatzverlusten und niedrigeren Einkommen und einem hohen staatlichen Kreditbedarf, um die Wirtschaft zu stützen. In vielen Ländern waren Defizite und Schuldenstand schon seit der internationalen Finanzkrise, also vor Corona, hoch, trotz der Austeritätsbemühungen Mitte der 2010er. Tatsache ist, dass das Wirtschaftswachstum der Industrieländer strukturell niedrig ist und sie daher rezessionsgefährdet sind. Die Möglichkeiten der Geldpolitik wurden immer mehr ausgeschöpft, und jetzt kommt auch eine sehr expansive Fiskalpolitik hinzu. Beides ist aber nicht unabhängig voneinander, denn die Notenbanken kaufen Staatsanleihen, weil der Staat nur so das Wirtschaftswachstum stützen kann. Und daran wird sich nichts ändern. Die Zinsen werden noch lange niedrig bleiben, und viele Beobachter werden sich unnötig Sorgen um die Staatsfinanzen machen. Solange aber die Notenbanken kaufen – und sie können das –, werden die Regierungen keine Finanzierungsprobleme bekommen. Manchen mag dies missfallen, aber so bleibt das Finanzsystem funktionsfähig. Privates Geld kann dann in die Realwirtschaft fließen statt in die Finanzierung von Staatsdefiziten. 

Wirtschaftspolitik und Energiewende 

Und damit komme ich zu meinem letzten Punkt. Mit dem von den USA organisierten Klimagipfel von dieser Woche ist das Land beim weltweiten Kampf gegen den Klimawandel wieder dabei. Es war ein Vorgeschmack auf die ausführlicheren Gespräche und konkreteren Zusagen beim COP26-Gipfel in Glasgow später in diesem Jahr. Um die technologischen Voraussetzungen für die Netto-Null in den nächsten Jahrzehnten zu schaffen, sind enorme Investitionen nötig. Der öffentliche Sektor muss seinen Teil dazu beitragen und mehr in die Infrastruktur investieren. Die Notenbanken müssen dafür sorgen, dass die Anleihemärkte funktionieren, vielleicht, indem sie selbst Unternehmen Kredite geben. Außerdem wird es mehr grüne Anleihen zur Finanzierung der Energiewende geben, und die Regierungen müssen ihre Umweltprogramme in den nächsten Jahren aufstocken. Nach der internationalen Finanzkrise hat die Wirtschaftspolitik den Rubikon überschritten. Es gibt kein Zurück: Die Rettung unseres Planeten ist viel wichtiger als die Rettung von Banken. Hoffentlich können die coronabedingten Ausgaben schnell zurückgefahren werden, wenn sich die Wirtschaft erholt. Aber die Schulden werden hoch sein. Anleiheninvestoren müssen einfach nur auf das richtige Pferd setzen. 

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