Der Krieg und seine Folgen für Versicherungen
Im Überblick
- Der Ukrainekrieg hat enorme Auswirkungen auf Wirtschaft und Finanzen. Für Versicherungen wird die ohnehin nicht einfache Lage noch schwieriger.
- Rentabilität und Finanzkraft leiden unter der Inflation. Im Asset Liability Management und generell bei Finanzanlagen sollten die Inflationsrisiken beachtet und Durationslücken nicht übersehen werden.
- Die Versicherungsschäden durch den Krieg dürften handhabbar sein. Die generelle Unsicherheit, die Volatilität und die derzeitigen Risiken sprechen aber für mehr Portfolioabsicherung und Flexibilität.
- Der Krieg stellt Klimaschutzmaßnahmen infrage, doch an den Risiken durch Erderwärmung und Energiewende ändert sich nichts. Sowohl auf der Aktiv- als auch auf der Passivseite der Versicherungen müssen Klimarisiken daher stärker berücksichtigt werden. Die Krise dürfte an den geplanten Regulierungsverschärfungen nichts ändern. Versicherungen müssen auf all das vorbereitet sein.
Neue Belastungen durch den Krieg in der Ukraine
Schon zu Jahresbeginn, also vor dem russischen Einmarsch, war die Lage für Versicherungen nicht einfach – wegen der erwarteten Veränderung des Konjunktur- und Finanzumfelds, aber auch wegen vieler regulatorischer Änderungen.
Die anhaltenden Angebotsstörungen durch Corona und die starke Erholung des Konsums sorgten schon vor dem Krieg für Lieferengpässe und eine Inflation, wie man sie seit Jahrzehnten nicht mehr kannte. In unserem Hauptszenario gingen wir davon aus, dass die Wirtschaft den Coronaschock allmählich überwindet und sich die internationalen Lieferketten allmählich normalisieren würden. Wir rechneten daher mit anhaltendem Wachstum, nachlassender Inflation und einer maßvollen Normalisierung der Geldpolitik.
Dennoch mahnten der unsichere Inflations- und Zinsausblick und die Aussicht auf mehr Volatilität zur Vorsicht – und verlangten nach stabileren Finanzen und krisenfesteren Anlageportfolios.1
Der Krieg sorgte dann für neue Turbulenzen. Er hat noch immer große Auswirkungen auf Weltwirtschaft und Finanzmärkte, vor allem in Europa. Die Volatilität schnellte nach oben, bei Aktien kam es zu einem Ausverkauf und die Credit Spreads haben sich ausgeweitet, vor allem die von Titeln mit direktem oder indirektem Bezug zu Russland. Europa ist stark von russischem Öl und Gas abhängig, was die Inflation zusätzlich angetrieben hat. Abbildung 1 zeigt, dass im Zuge dessen auch die Inflationserwartungen weiter gestiegen sind.
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Nach Kriegsausbruch war die Flucht in die Qualität aber nur von kurzer Dauer. Schnell rechnete man wieder mit weiteren starken Zinserhöhungen, zumal die Notenbanken ihre Rhetorik verschärften, was große Auswirkungen auf die Anleihenportfolios hatte. Eine hohe Inflation schadet den Realeinkommen, dämpft das Konsumklima und weckt neue Sorgen vor einer zu starken Straffung der Geldpolitik – mit den bekannten Folgen für die Konjunktur.
Der Arbeitsmarkt ist in guter Verfassung. Die Kreditkosten der Unternehmen sind nach wie vor nicht zu hoch und die Gewinne steigen weiter. Aber die Unsicherheit nimmt zu. Lieferengpässe vor allem aufgrund der neuen Lockdowns in China nach den erneuten Coronaausbrüchen und die unsichere Weltlage dürften das Wirtschaftswachstum schwächen. Auch die Unsicherheit über die künftige Inflation und die Straffung der Geldpolitik dürfte immer wieder zu Marktvolatilität führen.
Oft ist von Stagflation die Rede, der Kombination aus nachlassendem Wachstum und starkem Preisanstieg. Einstweilen rechnen wir zwar nicht mit einem Börsenkrach oder einer Kreditklemme, doch halten wir ein kompetentes Asset-Liability-Management für wichtiger als vor drei Monaten. Das gilt auch für die Konstruktion krisenfester Versicherungsportfolios.
Wichtige Hinweise
Rechtliche Hinweise