Investieren und Volatilität: Wie wichtig sind politische Risiken?
Es besteht kein Zweifel: Die letzten beiden Jahre waren volatil. Der wichtigste Grund war Corona, doch zuletzt sorgten auch die straffere Geldpolitik und der russische Einmarsch in die Ukraine für Unsicherheit.
Putins Krieg dürfte große wirtschaftliche und vor allem humanitäre Folgen haben. Als sich die Spannungen zwischen beiden Ländern zum Krieg ausweiteten, kam es zu einem Ausverkauf internationaler Aktien – und erstmals seit sieben Jahren kostete Öl wieder mehr als 100 US-Dollar je Barrel. Aber vorübergehende Marktvolatilität ist nicht alles. Hinzu kommen mögliche Auswirkungen auf das weltweite Energieangebot, Inflation, steigende Zinsen und vieles mehr.
Weltpolitik und internationale Beziehungen waren für Finanzmärkte und Anlageerträge niemals unwichtig. Eine unberechenbare Politik schadet ebenso wie Handelskonflikte und Kriege. Unzählige Beispiele zeigen, dass Investoren Unsicherheit nicht mögen – vor allem, wenn Politik und Notenbanken mit öffentlichen Kommentaren und Streitereien die Märkte irritieren. Dass ihre Worte und Taten für die Märkte wichtig sind, steht außer Frage.
Politik und Rhetorik
Groß ist die Versuchung, bei ersten Anzeichen von Schwierigkeiten zu verkaufen. Aber damit kann man Verluste konservieren und eine spätere Erholung verpassen. Für Investoren mit besseren Nerven und einer höheren langfristigen Risikobereitschaft können vorübergehende Kursschwankungen – aus politischen oder anderen Gründen – eine Chance sein, günstig Qualitätstitel zu kaufen.
Ein Jahr wie 2020 gab es noch nie: Trotz heftiger Turbulenzen haben internationale Aktien um 16,5% zugelegt. Die Impfstoffentwicklung, die beispiellosen Konjunkturprogramme und die äußerst expansive Geldpolitik hoben die Marktstimmung.1 Im Mai 2021 löste US-Finanzministerin Janet Yellen einen weltweiten Ausverkauf aus. Sie warnte, dass die US-Zinsen vielleicht steigen müssten, damit sich die Wirtschaft nicht überhitze. Später bemühte sie sich dann um Deeskalation – mit dem Hinweis, dass sie kein Inflationsproblem sähe.2 So oder so legten Aktien auch 2021 stark zu. Der MSCI World Index stieg um 22,4%.3
Vor fast zehn Jahren, 2013, hatte bereits der frühere US-Notenbankchef Ben Bernanke für einen massiven Anstieg der US-Staatsanleiherenditen gesorgt – mit dem berüchtigten Taper Tantrum. Bernanke ließ verlauten, dass er die Anleihenkäufe beenden wolle. Aber auch hier kam es nach dem ersten Schock zu einer Erholung.
Betrachten wir einmal die Kriege der letzten 50 Jahre: Auch wenn die Wertentwicklung der Vergangenheit kein Hinweis auf künftige Erträge ist, können wir so manches über Volatilität lernen. 1990, nach Saddam Husseins Invasion in Kuwait, hatten sich die Märkte nach vier Monaten wieder erholt. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 brauchten sie sogar nur drei Wochen.4
Unruhe durch Wahlen?
Die politischen Risiken werden uns aber erhalten bleiben. Dieses Jahr finden in vielen wichtigen Industrie- und Schwellenländern Wahlen statt. Sie könnten die Nerven der Anleger auf die Probe stellen.
Im November stehen in den USA Zwischenwahlen an; die Vorwahlen haben bereits begonnen. Über ein Drittel des Senats und alle 435 Sitze des Repräsentantenhauses werden neu gewählt, ebenso wie die Gouverneure vieler wichtiger Bundesstaaten.5
In vielen Emerging Markets wurden in Wahljahren die Staatsausgaben stark angehoben, sodass sich die schon vorher oft schwachen Staatsfinanzen noch einmal massiv verschlechterten. Währungsabwertungen und steigende Anleiherenditen können die Folge sein.6 Der Finanzzyklus hat sich aber etwas von der Politik entkoppelt, da die Demokratien in den Schwellenländern immer besser funktionieren. Weil aber 2022 so viele wichtige Wahlen anstehen, könnten die Märkte trotzdem sensibel reagieren.
Problematisch könnten die Wahlen in Lateinamerika sein. Brasilien, Kolumbien und Costa Rica wählen neue Parlamente und in Chile findet ein Verfassungsreferendum statt. In Kolumbien haben gerade die Vorwahlen für Kongress und Präsidentschaft stattgefunden, mit unterschiedlichen Auswirkungen auf den politischen und wirtschaftlichen Ausblick. Und in Peru sorgt das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Pedro Castillo für neue Unruhe, das der Kongress gerade auf den Weg gebracht hat. In Asien sind alle Augen auf die Philippinen gerichtet, wo sich nach den Wahlen im Mai viel ändern kann. Auch in Serbien finden wichtige Wahlen statt. In China wiederum steht im Oktober 2022 der 20. Parteikongress an – vielleicht das wichtigste politische Ereignis des Landes. Einen solchen Kongress gibt es nur alle fünf Jahre.
Klimawandel
Auch der Klimawandel wird mehr und mehr zu einem weltpolitischen Thema. Die Investoren achten genau auf die Politik und die Pläne der Regierungen. So war es vor dem UN-Umweltgipfel COP26 im November 2021, und so war es auch danach. Die Dekarbonisierung hat große Auswirkungen auf die Staatsfinanzen. Viele Studien warnen, dass die Finanzierung oft noch nicht gesichert ist. Denkbar sind Steuererhöhungen, Umschichtungen von Haushaltsmitteln oder die Emission von mehr grünen Anleihen.
Hinzu kommt das Risiko, dass Anleger keine Anleihen aus Ländern mehr wollen, die das Netto-Null-Ziel ihrer Ansicht nach nicht ernst genug nehmen.
Chancen durch Volatilität
Eines steht aber fest: Auf die eine oder andere Art sorgt die Politik stets für Marktvolatilität. Für Investoren mit stärkeren Nerven und einer langfristig höheren Risikobereitschaft können vorübergehende Kursschwankungen eine Chance sein, um günstig in Qualitätstitel einzusteigen.
Investoren sollten daher ihren Langfristzielen treu bleiben und sich nicht von vorübergehender Nervosität anstecken lassen.
Diversifikation nach Assetklassen kann sich auszahlen, auch wenn ein breit gestreutes Portfolio nicht immer vor Verlusten schützt. Investitionen in Assetklassen, die sich nicht im Gleichschritt entwickeln, können aber höhere Erträge bei geringeren Risiken möglich machen – und damit die Erträge glätten. Voraussetzung ist, dass man langfristig denkt.
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