Straffe Rhetorik, schwache Daten
- Viel straffe Rhetorik in Sintra
- Jetzt scheinen die Zentralbanken die schwache Nachfrage, die sie sich gewünscht haben, recht schnell zu bekommen: Die Umfragen in Europa deuten klar auf eine nachlassende Nachfrage hin, und auch in den USA ist es endgültig aus mit der Widerstandskraft. Dennoch braucht es noch viel mehr, damit die Zentralbanken stillhalten.
Mit Ausnahme der BoJ stellten alle Zentralbanken letzte Woche in Sintra eine straffe Geldpolitik in Aussicht. Zwar blieben sie in puncto Ausmaß und Timing der nächsten Zinserhöhungen vage, aber angesichts der hartnäckig hohen Inflation sind sie hinreichend besorgt, um die Markteilnehmer zu warnen, davon auszugehen, dass die Zinsen zu schnell nach dem Erreichen des Maximalzinses gesenkt werden. Ein langer Zeitraum mit straffen Finanzbedingungen schadet der Wirtschaft erheblich, aber die Zentralbanken sind eindeutig zu dem Schluss gekommen, dass es so etwas wie eine „schmerzfreie“ Landung nicht geben wird.
Jetzt scheinen die Zentralbanken die schwache Nachfrage, die sie vermutlich für nötig halten, recht schnell zu bekommen. Die Ergebnisse der in der letzten Woche veröffentlichten Umfragen der EU-Kommission haben die jüngsten Einkaufsmanagerdaten bestätigt: Nach dem Verarbeitenden Gewerbe wird jetzt auch der Dienstleistungssektor schwächer. In Deutschland, dessen Wirtschaft aus unserer Sicht maßgeblich für die künftige Geldpolitik der EZB sein wird, planen die Unternehmen, weniger Mitarbeiter einzustellen, was zu einer Korrektur des Arbeitsmarktes führen wird. Sie wird benötigt, um die Lohnverhandlungen zu bremsen und die Unternehmen davon zu überzeugen, die bereits feststehenden Lohnanhebungen selbst aufzufangen – mit Folgen für ihre Margen. Aber noch ist die Lage nicht eindeutig, und die unerwartet niedrige Kerninflation im Juni dürfte die EZB nicht von ihren Plänen für das Juli-Meeting abbringen. Damit sie von einer Zinserhöhung im September absieht, müssen die Daten noch schlechter werden und es muss noch mehr Anzeichen dafür geben, dass die Kerninflation zurückgeht.
In den USA bestätigte die Kerninflation im Mai ihren Abwärtstrend, aber die Fed dürfte sich auf Signale dafür konzentrieren, dass die übermäßige Nachfrage noch nicht abgebaut ist. So gesehen war die Aufwärtskorrektur des BIP im 1. Quartal ein Rückschlag. Dennoch hat sich der Konsum seit Februar quasi seitwärts entwickelt, vor allem, weil die Sparquoten steigen. Aus unserer Sicht reicht das noch nicht aus, um die Fed zu überzeugen, aus der aktuellen Zinspause ein dauerhaftes „Standby“ zu machen. Genau wie für die EZB steht für sie zurzeit der Arbeitsmarkt im Vordergrund. Deshalb sind die in dieser Woche erscheinenden Beschäftigungszahlen maßgeblich, aber wir gehen davon aus, dass selbst unerwartet schwache Daten den Offenmarktausschuss noch nicht dazu veranlassen würden, die Zinsen über den Sommer hinweg stabil zu halten. Dazu müssten sie schon längere Zeit schwach bleiben.
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