Wenn es keine Pause ist, ist es vermutlich ein Höhepunkt
- Zögerliche Zinsanhebungen auf beiden Seiten des Atlantiks Der Höhepunkt ist erreicht, zumindest fast.
- Das trotz der straffen Finanzbedingungen erneut hohe BIP-Wachstum in den USA befeuert die These einer „weichen Landung“. Wir rechnen nicht damit, und im Euroraum schon gar nicht.
Sowohl die Fed als auch die EZB haben ihre Leitzinsen letzte Woche angehoben, aber angedeutet, dass dies das letzte Mal gewesen sein können. Zwar besteht aus unserer Sicht noch immer eine Wahrscheinlichkeit von leicht über 50%, dass der EZB-Rat im September eine letzte Anhebung um 25 Basispunkte vornimmt, aber die Fed dürfte schon jetzt am Anfang eines langen Zeitraums mit stabilen Leitzinsen stehen. Jedenfalls werden beide vermutlich irgendwann im 3. Quartal 2023 ihren Erhöhungszyklus beenden, nachdem sie ihre Leitzinsen auf etwa das Doppelte des Gleichgewichtsniveaus gebracht haben.
Das erneut starke BIP-Wachstum in den USA bei zugleich sehr straffer Geldpolitik und einem spürbaren Inflationsrückgang nährt die Hoffnung, dass jetzt nur eine „weiche Landung“ nötig ist, um sich dem 2-Prozent-Ziel der Fed anzunähern, und Peter Hooper hat kürzlich eine sehr überzeugende Erklärung dafür geliefert, wie eine Rezession in den USA vermieden werden könnte. Überzeugt sind wir dennoch nicht. Die Fed hat zwar vor fast 18 Monaten begonnen, die Zinsen zu erhöhen, was sich jetzt angesichts der üblichen Verzögerung auf die Wirtschaft auswirken dürfte, aber erst im September 2022 wurde die Geldpolitik restriktiv. Deshalb gehen wir davon aus, dass sie ihre Wirkung noch lange nicht vollständig entfaltet hat. Die Zinserhöhungen könnten ausgerechnet dann voll durchschlagen, wenn die hohen Ersparnisse aufgebraucht sind, die Hooper als einen der Faktoren genannt hat, die zur Vermeidung einer Rezession in den USA betragen können.
Einige dieser„schützenden Faktoren“ gelten auch für den Euroraum: glaubwürdige Zentralbank, stabile Finanzlage des privaten Sektors, die besondere Natur der von der COVID-Pandemie ausgelösten Inflationswelle. Die Arbeitsmärkte zählen allerdings nicht dazu. Im Euroraum könnten sie Zweitrundeneffekte der Inflation eher begünstigen als in den USA und die EZB zwingen, mehr gesamtwirtschaftlichen Schaden anzurichten, um der Inflation den Garaus zu machen. Jedenfalls besteht kein Zweifel, dass der Euroraum schlechter abschneidet als die USA, und wir beobachten mit Sorge, welche zunehmenden Auswirkungen die Straffung der Geldpolitik auf bislang stabile Mitgliedsländer wie Italien und Spanien hat. Gerne würden wir uns mit rosigen Aussichten von unseren Lesern in die August-Pause verabschieden, aber leider sehen wir im Euroraum schon jetzt die Vorboten einer „eher harten“ Landung. In den USA ist eine weiche Landung noch eher möglich, aber aus unserer Sicht alles andere als sicher.
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