Die Daten benehmen sich daneben
- Die überraschend zahlreichen neu geschaffenen Stellen in den USA wecken Zweifel an einer Zinspause der Fed. Unterdessen spielt die unerwartet niedrige Verbraucherpreisinflation den Tauben innerhalb der EZB in die Hände. Trotzdem gehen wir noch immer davon aus, dass die beiden Zentralbanken auf ihren Juni-Sitzungen an ihrer geplanten Zinspolitik festhalten werden.
- Die extrem niedrige Inflation in China dürfte eine exportgetriebene Erholung auslösen und helfen, den globalen Preisdruck zu mindern. Dem steht allerdings die Weltpolitik im Wege.
Alles wurde sorgfältig vorbereitet: Die Zinspause nach der Sitzung des US-Offenmarktausschusses am 14. Juni und, abweichend davon, die Erhöhung der Euroraum-Zinsen durch die EZB einen Tag danach. Aber die jüngsten Daten wecken Zweifel daran, dass es wirklich so kommt. In Europa bietet der unerwartete Rückgang der Kerninflation im Mai den Tauben innerhalb der EZB Argumente für ein vorsichtigeres Vorgehen, während in den USA die überraschend zahlreichen neu geschaffenen Stellen Zweifel daran wecken, wie schnell die Wirtschaft tatsächlich nachlässt.
Die Einzelheiten der Daten sprechen allerdings dafür, dass die beiden Zentralbanken auf ihren nächsten Sitzungen wie geplant entscheiden. Der Inflationsrückgang im Euroraum ist nicht kontinuierlich genug. Wir gehen zwar noch immer davon aus, dass es weitere Belege für ein Nachlassen der Wirtschaft in der Währungsunion geben wird, aber zugleich ist der Arbeitsmarkt noch immer viel zu dynamisch, als dass die EZB die Gefahr einer zweiten lohngetriebenen Inflationswelle ignorieren könnte. Dennoch gehen wir jetzt noch etwas stärker davon aus, dass unser Basisszenario eintrifft: Der maximale Leitzins der EZB wird schon im Juli und nicht erst im September erreicht sein. In den USA spricht die Zahl der neuen Stellen nach der Establishment Survey eine völlig andere Sprache als die Household Survey, die Auskunft über den Stellenabbau gibt. Zugleich scheinen die Löhne allmählich etwas zurückzugehen, vor allem, wenn man die kürzeren Arbeitszeiten berücksichtigt. Aber die Frage ist nicht, was die Fed im Juni tut, sondern, ob sie im Juli ihren Leitzins wieder anheben wird. Wir rechnen in den kommenden zwei Monaten mit immer mehr Belegen für einen Konjunkturabschwung, die die Fed bremsen könnten, aber die Entscheidung wird knapp. Jedenfalls begrüßen wir es, dass die Märkte jetzt eine geringere Wahrscheinlichkeit sehen, dass die Zinsen in der zweiten Jahreshälfte gesenkt werden. Das entspricht unserer langfristigen Einschätzung, dass die Fed nicht so schnell eine Kehrtwende vollziehen wird, wie die Investoren erwartet haben.
Schließlich werfen wir noch einen Blick auf die Daten aus China. Im Mittelpunkt stehen aber nicht die Belege, dass die Erholung ins Stottern gerät – was sie eindeutig tut. Uns interessiert vielmehr die noch immer extrem niedrige Inflation. Unter normalen Umständen würde der damit einhergehende Wettbewerbsvorteil eine exportorientierte Erholung auslösen, die zu einem Rückgang der weltweiten Inflation beitragen würde. Dem stehen aber die politischen Entwicklungen entgegen, weil sich die USA unabhängiger von chinesischen Produkten machen.
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