Summer(s) Blues
- Die Fed macht wohl erstmal Zinspause, und die EZB dürfte sich für eine Anhebung um 25 Basispunkte entscheiden, aber das wichtigste Thema ist zurzeit die latente Aussicht auf eine lockerere Geldpolitik.
- Larry Summers sieht schwarz für die langfristigen US-Finanzen. Das nehmen wir zum Anlass, uns Gedanken über Europa zu machen.
Diese Woche geht es natürlich vor allem um die Zentralbanken. Wir gehen davon aus, dass die Fed eine Zinspause einlegt, aber wichtig ist, wie es danach weitergeht. Aus unserer Sicht wird sie sich in ihrem Statement an die Richtung halten, die sie im Mai eingeschlagen hat, und latent eine etwas lockerere Zinspolitik in Aussicht stellen. Aber wir wissen auch, dass sich die US-BIP-Daten erst deutlich verschlechtern müssen (wovon wir ausgehen), damit die Zinsen auch im Juli stabil bleiben. Entscheidend werden aber die für diese Woche erwarteten Inflationszahlen für Mai sein. Wie alle gehen auch wir davon aus, dass die EZB ihren Leitzins am Donnerstag um 25 Basispunkte anheben und weitere Zinserhöhungen in Aussicht stellen wird, allerdings ohne konkret zu werden. Wir sind unverändert der Meinung, dass der Straffungszyklus der EZB im Juli seinen Höhepunkt erreichen wird, denken aber auch, dass sich der EZB-Rat noch nicht einig ist, wie es nach der Sommerpause weitergehen soll. Eine erste Senkung könnte im September erfolgen, wenn der Euroraum nicht vorher in eine technische Rezession fällt.
Nachdem wir seit dem Ende der Pandemie viel über die Geldpolitik diskutiert haben, dürfte aus unserer Sicht jetzt die Finanzpolitik in den Mittelpunkt rücken. Die Rede von Larry Summers am Peterson Institute am 1. Juni haben wir aufmerksam verfolgt. Sie war nichts für schwache Nerven. Er beschrieb die für die US-Staatsfinanzen maßgeblichen Faktoren in düsteren Farben. Sein wichtigster Punkt scheint zu sein, dass die Amerikaner einen starken Anstieg der Steuern akzeptieren müssen, vermutlich auf ein europäisches Niveau. Zweifellos ist ein solcher Vorschlag zurzeit eine politische Herausforderung – sowohl für die Rechten als auch für die Linken –, weil er der Ansicht ist, dass die „populistische Lösung“, also Steuererhöhungen nur für die Vermögenden, nicht ausreichen würde, weil die Einnahmen zu stark zurückgingen.
In Europa ist die Ausgangslage besser. Das Defizit und die Verschuldung sind im Euroraum insgesamt niedriger als in den USA, „die Akzeptanz von Steuererhöhungen“ ist größer, und die Politik ist weniger ideologisch belastet. Dennoch steht auch Europa vor großen Herausforderungen. Wir denken auch an die Kosten für die Energiewende und verweisen auf den Bericht von Jean Pisani-Ferry und Selma Mahfouz. Zwar dreht sich die Debatte in der Regel um mehr Schulden und höhere Steuern, aber wir werfen auch einen Blick auf die Sparmaßnahmen. .
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