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Die Wirtschaft Indiens: Beeindruckendes Wachstum und Investmenterfolge, aber Risiken bleiben

Im Überblick
Indiens Premierminister Narendra Modi hat die Wahlen gewonnen und tritt eine dritte Amtszeit an, allerdings erstmals ohne klare Mehrheit.
Die mittelfristigen Konjunkturaussichten sind gut. Indien bleibt eine der wachstumsstärksten Emerging Markets, steht aber weiter vor zahlreichen Herausforderungen.
Der wachsende Dienstleistungssektor des Landes und die Energiewende könnten für Investmentchancen sorgen.

Indiens Premierminister Narendra Modi wird weitere fünf Jahre im Amt bleiben, aber der von ihm erhoffte überwältigende Sieg ist ausgeblieben. Anders als in den letzten zehn Jahren konnte er sich keine absolute Mehrheit sichern.

Die Märkte reagierten negativ auf den Wahlausgang, weil Modis Bharatiya Janata Party (BJP) kein stärkeres Mandat gewinnen konnte. Jetzt wird befürchtet, dass es in dem neuen politischen Umfeld schwieriger werden könnte, die notwendigen Reformen umzusetzen und dass die politischen Entscheidungen kurzfristig und populistisch werden.

Wachstum und mehr Stabilität

Mit einem Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 6% p.a. war die Konjunktur in Indien in den letzten zehn Jahren stärker als in den meisten anderen wichtigen Ländern. 2013 war die indische Volkswirtschaft die zehntgrößte der Welt. 2023 stand sie mit 3,5 Billionen US-Dollar auf Platz 5, vor Frankreich und Großbritannien.

Der Anteil Indiens am Welthandel ist noch immer klein, aber dank seiner Dienstleistungsexporte (Telekommunikation, Computer- und Informationsleistungen sowie Unternehmens- und Managementberatung) ist das Land ist jetzt besser in die Weltwirtschaft eingebunden.

Außerdem hat sich die Marktkapitalisierung der staatlichen Börse in den letzten zehn Jahren vervierfacht, und der NIFTY 500 Index hat sich besser entwickelt als der MSCI Emerging Markets Index (Abbildung 1). 

Abbildung 1: Indiens Kapitalmärkte boomen

 

Mögliche Wachstumsbremsen

Trotz des Wachstums und der vergleichsweise hohen Stabilität, gibt es Risiken: die wachsenden Einkommensunterschiede, die steigende Jugendarbeitslosigkeit und die hartnäckig hohe Nahrungsmittelpreisinflation.

Mit 1, 4 Milliarden Einwohnern ist Indien mittlerweile das bevölkerungsreichste Land der Welt. 2022 hat es China überholt. Die Bevölkerung ist jung. Das Durchschnittsalter liegt bei 28 Jahren, gegenüber 39 Jahren in China. Da es Indien nicht gelingt, offizielle Stellen für seine wachsende Zahl junger Erwerbspersonen zu schaffen, besteht das Risiko, die vielgepriesene demografische Dividende zu verspielen.   

Trotz des Hypes um Indiens schnell wachsende Wirtschaft ist das Pro-Kopf-BIP nach wie vor niedrig. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds lag es nominal und gerechnet in US-Dollar 2023 bei 2.500. Damit war es zwar 1.000 US-Dollar höher als zehn Jahre zuvor, aber immer noch erheblich niedriger als das anderer großer Emerging Markets wie China (12.500 USD), Brasilien (10.600 USD) und Südafrika (6.100 USD).

Außerdem hat sich die Einkommenskluft ausgeweitet. Nach Angaben des World Inequality Lab verdiente 2022 das einkommensstärkste Prozent der Bevölkerung 22,5% des Gesamteinkommens des Landes, währen die einkommensschwächsten 50% nur 15% Anteil hatten.

Indiens Fertigungssektor spielt im Welthandel nach wie vor kaum eine Rolle. Im Jahr 2022 betrug der Anteil der Warenexporte an den weltweiten Exporten 1,9% und lag damit nur knapp über dem Wert von 1,8% im Jahr 2014.

Der Dienstleistungssektor des Landes ist international erheblich erfolgreicher.  Nach Angaben der Welthandelsorganisation hatten die indischen Exporte von Telekommunikations-, Informations- und anderen Dienstleistungen für Unternehmen 2022 8,1% Anteil am Welthandel (nach 6,5% im Jahr 2014). Dieser Erfolg ist nicht nur günstigen strukturellen Faktoren zu verdanken, sondern vor allem den zahlreichen englischsprechenden Arbeitskräften, die wenig verdienen, aber auch der immer besseren IT-Infrastruktur und dem sich ständig weiterentwickelnden Wirtschaftssystems des Landes.  Außerdem sind Immobilien in indischen Städten erheblich günstiger als in anderen asiatischen Ländern.

Ein neues Wachstumsmodell für eine neue Welt

Der technologische Wandel dürfte das Wachstumspotenzial des Dienstleistungssektors steigern. Allgemein herrscht Zuversicht, dass Indien gut aufgestellt ist, um von der Verbreitung künstlicher Intelligenz (KI) zu profitieren. In einer Studie aus dem Jahr 2023 rechnet die Unternehmensberatung EY mit einem erheblichen Anstieg des indischen BIP infolge der Verbreitung von KI. Über einen Zeitraum von sieben Jahren bis 2030 könnte sie 0,9% bis 1,1% zusätzliches Wachstum generieren.1

Für das langfristige Wachstum Indiens müssen aber Stellen für seine gut ausgebildete Jugend geschaffen werden. Dem könnte künstliche Intelligenz entgegenwirken und möglicherweise den Vorteil der demografischen Dividende schmälern.

Angesichts des enormen Energiebedarfs des Landes in den kommenden Jahrzehnten und seiner bisherigen Erfolge bei der Förderung von Investitionen in erneuerbare Energien dürfte Indien jedoch ein starkes Wachstum im Bereich der Energiewende und -sicherheit verzeichnen.

Modi 3.0 und mehr

Falls größere Schocks für die Weltwirtschaft ausbleiben, dürfte Indien in den nächsten fünf Jahren weiterhin stärker wachsen als die meisten anderen wichtigen Emerging Markets.  Wenn die Politik marktfreundlich bleibt und Investitionen weiter gefördert werden – und angesichts des wachsenden Konsums – dürfte das Wachstum auch in Zukunft über 6% p.a. liegen.

In den nächsten fünf Jahren bietet Indien deshalb interessante Investmentchancen. Und dieses Wachstum könnte noch weiter anziehen, wenn es Modi gelingt, die Reformen zu beschleunigen. Dann sind auch eher zweistellige Raten möglich, wie sie China und andere ostasiatische Länder in ihren Expansionsphase verzeichneten.

Aber langfristig scheinen die Herausforderungen zuzunehmen. Indien zählt zu den Ländern, die besonders anfällig für die Folgen des Klimawandels sind, insbesondere durch mögliche Produktivitätsrückgänge aufgrund extremer Hitze, die Beschädigung von Sachwerten durch extreme Wettereignisse und des Abzugs von Ressourcen für Katastrophenmanagement und -eindämmung aus anderen Bereichen der Wirtschaft.

Modi hat eine dritte Amtszeit in Folge errungen und damit ein seltenes politisches Kunststück vollbracht, aber die im Vergleich zu den letzten Wahlen schwindende Unterstützung ist auch darauf zurückzuführen, dass es seiner Regierung nicht gelungen ist, die Früchte des Wirtschaftswachstums gerecht zu verteilen. Da die BJP keine Mehrheit mehr hat und sich einer stärkeren Opposition gegenüber  sieht, muss Modi eine konziliantere und konsensorientiertere Politik betreiben, um schmerzhafte aber notwendige Reformen durchzubringen. 

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