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Die Inflation lässt nach – am stärksten in den USA, wo sie im Juni auf 3% fiel. Wenn die Fed die Zinsen im Juli erneut anhebt, liegt der implizite Realzins 2024 deutlich über dem der zehn Jahre zuvor. Viel spricht daher für niedrigere Zinsen im nächsten Jahr. Die Zinsstrukturkurve würde dann steiler, und mit Anleihen würde man verdienen.

Fallende Inflation

Die Anleger reagierten erfreut auf den Rückgang der amerikanischen Kerninflation. Erstmals seit August 2021 ist der Index um weniger als 0,2% z.Vm. gestiegen. Die Teuerung lag auch unter dem Durchschnitt aller Juniwerte seit 1989 – auch das vielleicht ein Hinweis auf eine Beruhigung. Natürlich ist es nur ein Monat, doch wenn sich die Teuerung normalisiert und auf das gewohnte Maß zurückgeht, könnten die Kerninflation bis zum Jahresende auf etwa 3,5% z.Vj. und die Gesamtinflation auf weniger als 3% fallen. Die Fed könnte sich freuen. Dennoch wird sie sicherstellen wollen, dass die Inflation 2024 weiter nachlässt, in Richtung des 2%-Ziels. Deshalb signalisiert sie weiterhin hohe Zinsen. Und doch rechnet man am Markt allmählich mit ersten Zinssenkungen Anfang des nächsten Jahres.

Steigende Realzinsen

Im Juli 2022 lag der amerikanische Einjahreszins bei etwa 3%. Seitdem sind die Verbraucherpreise um 3% gestiegen, sodass der Realzins null betrug. Das hat sich jetzt geändert. Jetzt beträgt der Einjahreszins gemessen an US-Schatzwechseln 5,3%, und die Inflation könnte nächstes Jahr auf etwa 2,5% fallen. Der erwartete Realzins wäre dann eindeutig positiv. Entscheidend wird in den nächsten Jahren aber sein, ob die Inflation weiterhin über dem Notenbankziel liegt. Lässt sie nach, können die Realzinsen nächstes Jahr und auch danach fallen, und auch die Nominalzinsen würden zurückgehen. Die Finanzbedingungen bleiben in den USA aber straff. Grund zur Erleichterung in den nächsten Monaten besteht nur, wenn die Inflation weiter abnimmt.

Steilere Zinsstrukturkurve

Auch die Zinsstrukturkurve dürfte sich normalisieren. Zuletzt war sie deutlich invers; die Zehnjahresrendite lag um 108 Basispunkte unter der Zweijahresrendite. Eine auf Dauer stark inverse Zinsstrukturkurve spricht für eine schwächere Konjunktur und niedrigere Zinsen. Die US-Zweijahresrendite von zurzeit 4,6% wird dem Markt zufolge in einem Jahr nur noch 3,75% betragen und in zwei Jahren 3,5%. Der Markt rechnet also mit Zinssenkungen, sodass die Kurzfristzinsen stärker fallen als die Langfristrenditen. Eine Normalisierung der Zinsstrukturkurve würde Zinsänderungen um 80 bis 100 Basispunkte etwa im nächsten Jahr erfordern. Staatsanleiheninvestoren würden sich über den Rückgang der Kurzfristrenditen freuen.

Mehrertrag von US-Staatsanleihen?

Im Zuge dessen könnten US-Staatsanleihen andere wichtige Anleihenmärkte hinter sich lassen. Zuletzt hat man mit deutschen und französischen Sieben- bis Zehnjahresanleihen etwas mehr verdient als mit amerikanischen. Die Europäische Zentralbank muss aber noch mehr tun, damit die Inflation fällt. Dem Markt zufolge sind die Inflationserwartungen im Euroraum gestiegen und haben sich den mittelfristigen US-Inflationserwartungen von etwa 2,6% angenähert. Noch schlimmer ist es in Großbritannien, wo die Inflation im Mai 8,7% betrug und der Markt damit rechnet, dass die Bank of England ihren Leitzins auf über 6% anheben muss.

Problemkind Großbritannien

Für britische Staatsanleihen war dieses Jahr ein Desaster. In der ersten Jahreshälfte hat ihr Gesamtindex 3,85% verloren. Die Zehnjahresrenditen stiegen im Juni auf 4,66% und waren damit noch höher als im letzten Herbst, als Premierministerin Liz Truss und Finanzminister Kwasi Kwarteng ihren katastrophalen Haushaltsplan vorlegten. Für den Wohnimmobilienmarkt verheißt der Zinsanstieg nichts Gutes, weil viele Festzinshypotheken jetzt auslaufen und neu verhandelt werden müssen. Im Juni fiel der RICS Housing Market Index auf ‑46%, so wenig wie zuletzt während der internationalen Finanzkrise, als größere Teile des britischen Finanzsystems zusammenbrachen. Noch erwartet man am Markt keine Zinssenkungen im nächsten Jahr und rechnet mit einem mittelfristigen Anstieg der Einzelhandelspreise um 3,6%, was einer Verbraucherpreisinflation von knapp 3% entspricht. Konsens ist, dass die britische Wirtschaft 2023 schrumpft und sich 2024 kaum erholt. Großbritannien steht eine traurige Kombination aus schwachem Wachstum und hoher Teuerung bevor. Vielleicht reicht das, damit die Briten in den Unterhauswahlen für einen Wechsel stimmen.

Britische Staatsanleihen aber stärker

Dennoch können britische Staatsanleihen interessant sein, weil viele schlechte Inflations- und Konjunkturnachrichten in den Kursen schon berücksichtigt sind. Da ein Einbruch des Wohnimmobilienmarktes und hohe Belastungen der Haushalte durch steigende Hypothekenzinsen drohen, wird eine Rezession wahrscheinlicher. Wenn das Wachstum nachlässt, muss die Bank of England im nächsten Jahr zu einer entschlossenen Kehrtwende blasen. Viele britische Staatsanleihen werden deutlich unter pari gehandelt, auch die aktuelle Zehnjahres-Benchmarkanleihe (zu 90,7 bei einer Endfälligkeitsrendite von 4,45%). Zurzeit sind die britischen Staatsanleiherenditen um etwa 64 Basispunkte höher als die amerikanischen, der größte Abstand seit der internationalen Finanzkrise. Die optimistischen Erwartungen für die US-Renditen dürften letztlich auch britischen Staatsanleihen nützen, wobei die höheren Renditen einen gewissen Puffer bieten. Zur Vorsicht mahnen allerdings die Staatsfinanzen: Die jüngsten Äußerungen des Office for Budget Responsibility zeichnen ein düsteres Bild. Bei einer niedrigeren Inflation und niedrigeren Zinsen könnten die Sorgen aber nachlassen.

Notenbanken im Blick

Die Inflation scheint zu fallen. Es wird aber schwierig sein, sie auf die Notenbankziele zu senken. Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass die Notenbanken ihre Ziele aufgeben, sodass sie die Nachfrage vielleicht noch stärker bremsen. Dann könnten die Lohn- und Inflationserwartungen nach dem Anstieg der letzten zwei Jahre wieder zurückgehen. Für Anleihen wäre ein solches Szenario noch günstiger, selbst wenn die Kurzfristzinsen stiegen. Wenn die alten Inflationsziele in den nächsten sechs Monaten wieder in greifbare Nähe rücken, wird das Verhalten der Notenbanken interessant sein. Denkbar ist, dass die Realzinsen dann so hoch sein werden wie seit 20 Jahren nicht mehr. Der Terminmarkt spricht für einen mittelfristigen Realzins von etwa 1%, was vernünftiger scheint als die extrem niedrigen Realzinsen während des Quantitative Easing. Die Nominalzinsen könnten dann fallen, und die Invertierung der Zinsstrukturkurve könnte zu Ende gehen. Für Anleiheninvestoren wäre das gut.

Performancedaten/Quellen: Refinitiv Datastream, Bloomberg. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist kein Hinweis auf künftige Erträge.

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