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Südostasien schaltet noch einen Gang hoch


Im Überblick:

  • Südostasien bietet gute Wachstumsperspektiven – dank Bevölkerungswachstum, Rohstoffreichtum und der Nähe zu China. Daraus ergeben sich interessante Anlagemöglichkeiten.
  • Vor allem drei Bereiche versprechen unserer Ansicht nach Wachstum: das Verarbeitende Gewerbe, erneuerbare Energien und digitale Technologien.
  • Wenn Anleger das Potenzial Südostasiens nutzen wollen, müssen sie aber regionale Herausforderungen und vorübergehende Belastungsfaktoren für die Wirtschaft berücksichtigen.

Nicht zuletzt wegen der günstigen Demografie hat Südostasiens Wirtschaft ein enormes Potenzial. Deshalb und wegen der dynamischen Marktentwicklung sehen wir viele langfristige Anlagechancen.

Die Association of Southeast Asian Nations (ASEAN), deren zehn Mitglieder in Politik und Wirtschaft zusammen­arbeiten, ist die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt. 2030 könnte sie schon die viertgrößte sein, schätzt das World Economic Forum.1

Mit 3,3 Billionen US-Dollar war das BIP der ASEAN-Länder 2021 deutlich höher als in den Jahren zuvor.2 Zurzeit schätzt die OECD ihr Wirtschaftswachstum in diesem und im letzten Jahr auf jeweils 5,2%, während die Weltwirtschaft 2022 nur um 3,1% und 2023 um lediglich 2,2% zugelegt hat.3

Trotz wirtschaftlicher Herausforderungen – eine in manchen Ländern hartnäckige Inflation, der absehbare weltweite Abschwung und die schwächere Nachfrage – rechnen wir wegen der guten Fundamentaldaten mit langfristigem Wachstum. Positivfaktoren sind Südostasiens Nähe zu China, die Größe der Region und nicht zuletzt ihr Rohstoffreichtum. Wenn sich Chinas Wirtschaft erholt, hilft das auch den Nachbarländern – was angesichts der schwächeren Weltkonjunktur dieses Jahr besonders wichtig ist.

Vor allem drei Bereiche – Verarbeitendes Gewerbe, erneuerbare Energien sowie intelligente Digitaltechnologien – versprechen hohes Wachstum. Sie können von den Fortschritten der Region besonders profitieren.

Asiens neuer Industriestandort?

Immer mehr Unternehmen produzieren in Südostasien. Sie sehen darin eine Alternative zu China, wo sich die Arbeitskosten von 2013 bis 2022 verdoppelt haben4 und es zuletzt zu Lieferproblemen kam. Viele Unternehmen wünschen sich mehr Sicherheit und wollen deshalb diversifizieren.

Spannungen wie der anhaltende Handelskonflikt zwischen den USA und China führen ebenfalls zu einer Neuausrichtung der Lieferketten. Südostasien profitiert davon. Nach einer aktuellen Schätzung könnte das Handelsvolumen bis 2031 auf 1 Billion US-Dollar steigen.5

Für Südostasien kann es nur gut sein, wenn sich immer mehr Firmen nicht mehr nur auf China verlassen und stattdessen eine „China Plus One“-Strategie verfolgen. Die südostasiatische Industrie ist sehr leistungsfähig, kosteneffizient und gut in den Welthandel eingebunden. Hinzu kommt, dass mit der Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) 2022 ein Freihandelsabkommen zwischen den ASEAN-Mitgliedern und fünf weiteren Ländern der Region in Kraft getreten ist.

Durch die Veränderungen des Welthandels könnte die jährliche Nachfrage nach südostasiatischen Industrieprodukten bis 2030 um 600 Milliarden US-Dollar steigen.6 Die Wirtschaft würde dann wachsen – durch neue Arbeitsplätze, Exporterlöse und den Ausbau der Industrie.

Für Anleger ist es eine Chance, wenn in Südostasien neue Produktionskapazitäten entstehen und die Region stärker in den Welthandel eingebunden wird. Im Durchschnitt der Jahre 2011 bis 2017, also vor der Pandemie, flossen 7% der weltweiten Direktinvestitionen nach Südostasien. 2020 und 2021 waren es schon 12%.7

Wenn in Südostasien weiter im bisherigen oder auch in größerem Umfang moderne Fabriken gebaut werden – Stichwort Industrie 4.0 –, damit die Region wettbewerbsfähig bleibt, könnte das große Investitionen in Robotik und Automatisierung nach sich ziehen. Das gilt vor allem für Roboter der nächsten Generation, Cloud-Computing und modernste Logistikdienstleistungen.

Noch hat China Südostasien einiges voraus, als Zulieferer wie als Güterproduzent. Für manche Teile der Wertschöpfungskette ist die Region aber schon jetzt eine Alternative. Sicher wird es noch dauern, bis die Industrie ihr Potenzial vollständig realisiert hat; erst müssen die Lieferketten effizienter und die Infrastruktur besser werden. In Ländern wie Singapur, Malaysia und Vietnam arbeitet man aber schon an Konzepten und strategischen Plänen.8

Ein wichtiger Beitrag zur Energiewende

Das schnelle Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum lässt auch den Energieverbrauch Südostasiens steigen, was für beachtliche Anlagechancen bei erneuerbaren Energien sorgt. Südostasien ist der viertgrößte Energieverbraucher der Welt.9 Deshalb und wegen der Erderwärmung sowie der steigenden Energiepreise dürfte gerade hier das Interesse an erneuerbaren Energien groß sein. Die Politik und die weltweite Energiewende tun ihr Übriges.

Zwar wurde in Südostasien 2020 bereits mehr als doppelt so viel erneuerbare Energie erzeugt wie 2000,10 doch haben fossile Brennstoffe noch immer den größten Anteil am Energiemix. Um die Energie­wende in der Region zu beschleunigen und die Klimaziele zu erfüllen, sind jährlich etwa 210 Milli­arden US-Dollar erforderlich.11 Investoren kommt daher eine wichtige Rolle zu. Sie können zum technischen Fortschritt und dem Aufbau der Netz- und Speicherinfrastruktur beitragen. Zudem bauen sie Risiken ab und sorgen für grüne Investitionen in den Emerging Markets.

Erneuerbare Energien können viel zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region beitragen. In Südostasien befinden sich große Vorkommen an Rohstoffen, die für die Energiewende wichtig sind. Hinzu kommt ein ungenutztes Potenzial an Erdwärme sowie Wind-, Sonnen- und Wasserenergie. Indonesien und die Philippinen fördern heute über die Hälfte des Nickels weltweit und verfügen über fast ein Viertel der weltweiten Erdwärmekapazität.12

Wenn die neuen Lieferketten etabliert sind, könnten die Erlöse aus der Förderung wichtiger Rohstoffe in Südostasien bis 2050 um das 2,5-Fache steigen,13 und Sonnen- und Windenergieprojekte könnten bis 2030 Anlagechancen im Wert von 30 Milliarden US-Dollar bieten14 . Wenn man diese Ressourcen nachhaltig nutzt, profitieren davon viele Länder und Branchen. Für Investoren und die Region kann das langfristig nur gut sein.

Technologischer Wandel durch strukturelle Veränderungen

Das regionale Wirtschaftswachstum und Innovationen haben in ganz Südostasien für technologischen Wandel gesorgt. Dadurch entstanden viele neue Märkte und Chancen.

Intelligente Technologien – Industrie 4.0 – sind entscheidend dafür, dass sich das Potenzial vieler noch junger Branchen der Region nutzen lässt. Mit den neuen Techniken lässt sich die Produktion verschlanken. Sie sorgen für Innovationen und unterstützen den Aufbau einer Infrastruktur. Hier rechnen wir mit mehr Wachstum im Zuge der weiteren Entwicklung Südostasiens. Unterdessen sorgen auch sozioökonomische Veränderungen und die zunehmende Konnektivität in der Region für spannende Anlagechancen in den Bereichen FinTech und digitale Gesundheitsversorgung.

Südostasien ist schon jetzt für seine guten Bedingungen für Technologie-Start-ups bekannt. Die Zahl der Start-ups, die über 1 Million US-Dollar Kapital eingeworben haben, hat sich von 2015 bis 2021 fast verdreifacht.15

All das ist für Investoren sehr interessant. Sie entdecken den E-Commerce und die digitale Wirtschaft insgesamt. Die Digitalisierung ist in Südostasien stark fortgeschritten, was man etwa an der umfangreichen Nutzung von Smartphones und sozialen Medien sieht, und die Pandemie hat den E-Commerce weiter gefördert. Zurzeit wächst der Onlinehandel weltweit nirgendwo schneller als auf den Philippinen mit jährlich etwa 25% und in Malaysia mit jährlich etwa 23%.16

Insgesamt hat sich der E-Commerce-Umsatz in Südostasien von 2016 bis 2021 verfünffacht,17 und bis 2026 könnte sich der Markt noch einmal verdreifachen18 . Das sorgt für vielfältige Anlagemöglichkeiten in der digitalen Wirtschaft – von der Logistik über den digitalen Zahlungsverkehr bis zur Produktion.

Natürlich sind bei der digitalen Infrastruktur und auch beim Know-how noch nicht alle Probleme gelöst. Dennoch trauen wir der südostasiatischen Technologie sehr viel zu. Viele Länder versuchen schon jetzt systematisch, von der raschen Digitalisierung zu profitieren.

Langfristige Wachstumschancen nutzen

Südostasien ist für Anleger vor allem wegen seiner großen strukturellen Fortschritte und der Diversifikation interessant. Industrie, erneuerbare Energien sowie intelligente und digitale Technologien sorgen für Vielfalt und die Fortschritte der Region für sehr viel Potenzial.

Nicht übersehen sollte man aber die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Die Konjunkturaussichten sind ebenso verschieden wie Regulierungsvorschriften und Rahmenbedingungen. Kurzfristig schaden der gesamten Region die Schwächen des Weltfinanzsystems, und sie ist sehr abhängig von den Fortschritten Chinas nach dem Ende der Lockdowns.

Investoren können entscheidend dazu beitragen, dass Südostasien sein Wachstumspotenzial vollständig nutzt. Wichtig sind strategische Investitionen und Innovationen. Sie können zusammen mit der engeren Kooperation der Länder und der Unterstützung durch die Politik umfassendes, inklusives Wachstum und attraktive Langfristerträge ermöglichen.

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