Zentralbanken ziehen die Liquiditätsstrippen
- Die US-Banken sind jetzt im „Vorsichtsmodus“, aber die Fed könnte sich mit einer Kreditkrise abfinden, solange sie keine zu großen Verzerrungen verursacht.
- Anders als die Fed ist die EZB nicht in der glücklichen Lage, Konjunkturdaten nahezu in Echtzeit zur Verfügung zu haben, um einzuschätzen, welche Folgen die Probleme im Bankensektor für die Realwirtschaft haben. Dennoch gibt es aus unserer Sicht ausreichend Gründe für eine Anpassung ihrer Geldpolitik.
Die Fed kann auf zahlreiche Konjunkturdaten nahezu in Echtzeit zurückgreifen, um zu beurteilen, welche Auswirkungen die Probleme im Bankensektor auf die Realwirtschaft haben, darunter Wochendaten zu Bankeinlagen, Verschuldung der Banken und Kreditvergabe. Mittlerweile bestehen keine Zweifel mehr, dass das gesamte US-Bankensystem in den „Vorsichtsmodus“ umgeschaltet hat, und nicht nur die kleineren Institute. Alle horten Liquidität und greifen dabei häufig massiv auf die Angebote der Fed zurück. Die großzügige Bereitstellung von Liquidität hilft nicht gegen Solvenzprobleme, kann den Banken aber eine Atempause verschaffen. In den nächsten Wochen werden vermutlich kreativere Lösungen gefunden. Über ihr Notfallprogramm hinaus muss die Fed möglicherweise ihren gesamten geldpolitischen Rahmen überdenken, weil Banken in Konkurrenz zu Geldmarktfonds stehen, zu deren Attraktivität sie selbst betragen, indem sie die Liquiditätsprogramme der Fed nutzen.
Letzte Woche hat die Fed beschlossen, ihren Leitzins um 25 Basispunkte anzuheben und an einer (wenn auch weniger) straffen Geldpolitik festzuhalten. Dies zeigt die enorme Wirkung des „Trennungsprinzips“, mit dem wir uns letzte Woche befasst haben. Ja, die immer strafferen Finanzbedingungen, die der Offenmarktausschuss eingeräumt hat, machen es immer weniger wahrscheinlich, dass die Fed die Zinsen weiter stark erhöhen muss – wir erwarten nur eine Anhebung im Mai –, aber ebenso wie die EZB tendiert die Fed eher zu weiteren Erhöhungen. Aus unserer Sicht könnte die US-Zentralbank zu dem Schluss kommen, dass eine Kreditkrise zwar schmerzvoll und riskant, aber am Ende nötig und ein vermutlich unvermeidbarer Schritt ist, um die Inflation in die Knie zu zwingen.
Die EZB ist nicht in der glücklichen Lage, auf zahlreiche Konjunkturdaten nahezu in Echtzeit zurückgreifen zu können. Erst zwei Tage vor der nächsten Sitzung ihres geldpolitischen Ausschusses im Mai kommen mit der Bank Lending Survey verlässliche Informationen zu der erwarteten Kreditvergabe der Banken und ihrer tatsächlichen Kreditvergabe im März heraus. Wir haben den Eindruck, dass sie dennoch ausreichend Belege dafür hat, ihre Geldpolitik anpassen zu müssen. Möglicherweise tröstet sich die EZB damit, dass Spanien, das in der Regel schnell auf höhere Zinsen im Euroraum reagiert, derzeit viel besser dasteht als das nordeuropäische „Frühwarnsystem“, allen voran Schweden, über dessen Lage wir vor ein paar Wochen geschrieben haben.
Rechtliche Hinweise