Investmentausblick Pensionspläne 2023: Neue Normalität, große Entscheidungen
Im Überblick
- Pensionspläne müssen sich an die erheblichen Veränderungen des gesamtwirtschaftlichen Umfelds anpassen: eine zurzeit hartnäckig hohe Inflation und bevorstehende Rezessionen.
- Die steigenden Preise haben gezeigt, dass einige Pensionspläne (DB und DC) zu wenig gegen Inflation geschützt sind und einen zu geringen Spielraum haben, um auf das neue Umfeld zu reagieren.
- Wir gehen davon aus, dass Pensionspläne ihre Portfolios weiterhin nachhaltiger machen wollen. Zum einen verlangen das die Aufsichtsbehörden und zum anderen bieten sich hier immer mehr Chancen.
- Die Turbulenzen im Herbst 2022 in Großbritannien haben die Aufmerksamkeit auf die Liquidität gelenkt. Viele Pensionspläne dürften ihren Leverage senken wollen.
- Vermutlich möchten sie außerdem ihre illiquiden Positionen verkleinern, zumal viele Pensionspläne zurzeit entsprechende interne Obergrenzen überschreiten.
- Wegen der steigenden Zinsen werden auch ausgewählte Investmentgrade-Anleihen für Pensionspläne interessant. Supranationals, Sub-Sovereigns und Agency-Anleihen könnten mögliche Alternativen sein.
Vier wichtige Trends für die Asset-Allokation im Jahr 2023
Für Pensionsfondsinvestoren waren die letzten zwei Jahre eine Achterbahnfahrt. Nach einem erfolgreichen Jahr 2021 mit außergewöhnlichen Erträgen ging es 2022 bergab. Staatsanleihen verzeichneten hohe Verluste, und die Aktienkurse fielen deutlich. Die Auslöser werden auch 2023 Auswirkungen haben, und uns stehen Rezessionen bevor. In diesem Umfeld werden die Asset-Allokations-Entscheidungen von Pensionsfonds aus unserer Sicht von vier Trends bestimmt: Anhaltende Bemühungen, nachhaltiger zu investieren, die Reaktion auf die gestiegene und anhaltend hohe Inflation, der höhere Liquiditätsbedarf und die Normalisierung der Zinsen.
Seit dem Pariser Klimaabkommen im Jahr 2015 orientieren sich Pensionsfonds mit ihren Anlagen immer mehr am Netto-Null-Ziel. Die Zahl der Portfolios, die in ihren Allokationsentscheidungen ökologische, soziale und governancebezogene Faktoren (ESG) berücksichtigen, ist stark gestiegen. Besonders groß ist das Interesse an Impact-Portfolios, die nicht nur finanzielle Erträge erzielen wollen, sondern auch Beiträge zur Erreichung die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) anstreben. Einer Schätzung zufolge sind zurzeit weltweit über 1 Billion US-Dollar in wirkungsorientierte Assets investiert.1 Besonders groß ist das Interesse an Portfolios, die das Artensterben verhindern oder saubere Energie fördern.
Unterdessen haben die COVID-19-Pandemie und die von der Invasion Russlands in die Ukraine ausgelöste Energiekrise in Europa langfristige Investoren veranlasst, mehr denn je zu berücksichtigen, wie anfällig die Wirtschaft für soziale und ökologische Themen ist. Hinzu kommt, dass in der Europäischen Union (EU) neue Regulierungen eine Klassifizierung von Investmentportfolios erfordern.2
Aktiv für mehr Nachhaltigkeit
Wir haben herausgefunden, dass die meisten Pensionsfonds für ihr Portfolio die Erfüllung von Artikel 8 anstreben, der zweitstrengsten EU-Klassifizierung. Dieser Trend wird aus unserer Sicht anhalten, sodass Assetmanager die Nachhaltigkeitsprofile der Portfolios, die sie für ihre Kunden managen, weiter verbessern wollen. Dies bedeutet auch eine Abkehr von Artikel-6-Fonds, die nur eine minimale Berücksichtigung von ESG-Faktoren erfordern. Zurzeit erfüllen etwa 87% der von AXA IM gemanagten geeigneten Aktien-, Anleihen- und Multi-Asset-Strategien die Anforderungen von Artikel 8 oder Artikel 9.3
Eine weitere Möglichkeit für Pensionsfonds, nachhaltige Portfolios aufzubauen, ist die Definition eines nachhaltigen Anlageuniversums, das dann als Benchmark dient und aus dem aktive Manager Wertpapiere auswählen können, um Mehrertrag gegenüber der Benchmark zu erzielen. Wir sind fest überzeugt, dass aktive Manager besser in der Lage sind, Strategien umzusetzen, die auf die ESG- oder SDG-Ziele von Pensionskassen abgestimmt sind. Aus unserer Sicht können sie auch besser über ESG-Ziele wie die CO2-Intensität, den Frauenanteil in Boards und den grünen Umsatzanteil geeigneter Positionen berichten als passive Manager. Aktive Manager können qualitative Analysen erstellen, die quantitative Nachhaltigkeitsbeurteilungen präzisieren und verbessern können.
Ein neues Inflationsparadigma
Die hartnäckig hohe Inflation ist ein Dauerthema für Pensionsfondsinvestoren, das sie seit Beginn des Anstiegs der Energiepreise 2021 beschäftigt, dem der Angebotsschock infolge der russischen Invasion folgte. 2022 sind die höheren Preise von Energie und Rohstoffen nach und nach auch auf andere Güter und Leistungen durchgeschlagen. In einigen Ländern sind Pensionsfonds, und damit auch ihre Investoren, daher nicht besonders gut gegen Inflation geschützt. Das betrifft sowohl Defined-Benefit- als auch Defined-Contribution-Pläne (DB und DC).4 Verantwortlich dafür ist, dass die Teuerung mit 0% bis 2% für längere Zeit grundsätzlich sehr niedrig war, sodass man sich kaum noch Gedanken über Inflationsrisiken machte. Jetzt wird es aber noch eine ganze Weile dauern, bis sie wieder auf 0% bis 2% zurückgeht.
Üblicherweise leistet ein Großteil der ertragsorientierten Portfoliopositionen langfristig Inflationsschutz, aber DB-Fonds haben möglicherweise nicht genug Zeit, um ihre Allokationen entsprechend zu erhöhen. CD-Fonds könnten im nächsten Jahr mehr in Aktien investieren und ihre Portfolios neu ausrichten, aber das ist auch mit Risiken verbunden. Da Rezessionen zu erwarten sind, könnten die Aktienkurse erst einmal zurückgehen, bevor sie sich erholen.
Unterdessen haben wir beobachtet, dass Pensionsfonds versuchen, in inflationsindexierte Anleihen (Linker) zu investieren. Ein schneller Rückgang der Inflation bei einer Rezession ist nicht garantiert. Ein Angebotsschock wie die Sanktionen gegen russisches Öl und Gas geht nicht über Nacht vorüber. Alternative Energien sind nicht mehr so günstig zu haben wie früher. Beispielsweise dauert es seine Zeit, bis Flüssiggasterminals, Wind- oder Solarkapazitäten aufgebaut sind.
Pensionspläne mit Zinsabsicherung werden ihre Absicherungsquote eine Weile nicht erhöhen oder sie sogar senken, weil sie davon ausgehen, dass die höhere Inflation die Zinsen im nächsten Jahr in die Höhe treiben wird. Weil viele Marktteilnehmer davon ausgehen, dass die Inflation bereits ihren Höhenpunkt erreicht hat oder bald erreichen wird, interessieren sie sich möglicherweise für Assetklassen, die von einer nachlassenden Teuerung profitieren könnten. In der Vergangenheit war dies bei Aktien, lang laufenden Anleihen sowie hochverzinslichen Schuldpapieren der Fall.
Großbritannien als warnendes Beispiel
Bei der Betrachtung der Liquiditätsanforderungen müssen Pensionsfonds mehrere Dinge berücksichtigen. Erstens müssen sie stets ihren Zahlungsverpflichtungen wie Pensionszahlungen und Investmentzusagen an Immobilien-, Private-Equity- oder Private-Debt-Fonds nachkommen können. Zweitens brauchen Fonds mit sowohl einem Zinsabsicherungs-Overlay als auch einer Währungsabsicherung bei steigenden Zinsen immer mehr liquide Mittel als Sicherheiten. Wie die Marktturbulenzen in Großbritannien gezeigt haben, können Fonds nur einen bestimmten Leverage verkraften.5 Der plötzliche und extreme Anstieg der Staatsanleihenrenditen hat zusammen mit der Abwertung des Pfunds die zur Verfügung stehenden Sicherheiten schrumpfen lassen. In Zeiten wie heute müssen sich Pensionsfonds auf den Repo-Markt verlassen können. Aber welchen Preis müssen sie zahlen, wenn sie denn tatsächlich Zugang haben?6 Diese Erfahrung hat Pensionsfonds in Großbritannien, aber auch in anderen Ländern veranlasst, ihre Liquiditätsstruktur zu prüfen, und wir gehen davon aus, dass sie Leverage abbauen werden.
Drittens sind illiquide Wertpapiere nach dem sehr erfolgreichen Jahr 2021 und dem Ausverkauf von Anleihen und börsennotierten Aktien in diesem Jahr in den Portfolios sehr stark übergewichtet. Viele Pensionspläne haben ihre internen Obergrenzen für illiquide Wertpapiere überschritten. Damit sie wieder Spielraum für weitere neue Anlagen haben, müssen sich liquide Wertpapiere, vor allem Aktien, erst erholen. Es ist davon auszugehen, dass die Bewertungen von Private Equity und Immobilienanlagen 2023 nach unten revidiert werden. Auch dadurch wird der Anteil illiquider Assets zurückgehen.
Steigende Zinsen
Nach Jahrzehnten mit sinkenden Zinsen und einigen Jahren, in denen attraktive Renditen schwer zu finden waren, ist ein vierter Trend entstanden: die Normalisierung der Zinsen. Obgleich niemand damit gerechnet hatte, dass die Renditen 2022 so schnell steigen würden, sind wir der Meinung, dass Investoren beim aktuellen Zinsniveau mehr Möglichkeiten haben, ihre Anleihenportfolios neu auszurichten.
Staatsanleihen bieten ordentliche Renditen und – ebenso wichtig – in Zukunft Diversifikation gegenüber Aktien Nach der Spreadausweitung im Jahr 2022 bieten auch Investmentgrade-Unternehmensanleihen wieder einen höheren Renditevorteil. Angesichts der jetzt wieder attraktiveren Renditen, des starken Interesses an liquiden Wertpapieren und der Tatsache, dass DB-Pläne ihre Positionen in alternativen illiquiden Schuldpapieren nur schwer vergrößern können, könnten sich Investoren jetzt wieder Investmentgrade-Anleihen zuwenden. Zu ihnen zählen Supranationals, Sub-Sovereigns und Agency-Anleihen (SSA). Weil sie einen ordentlichen Renditevorteil gegenüber vor allem deutschen Staatsanleihen bieten, werden sie jetzt wieder stärker nachgefragt.7 Außerdem gelten sie als High Quality Liquid Assets (HQLA), die wichtig sind, um liquide Mittel am Repo-Markt aufzunehmen, die als Sicherheiten benötigt werden.8
DC-Pläne werden auch in alternative Schuldpapiere investieren können, sobald ihre Risikoprofile dies zulassen. In puncto Nachhaltigkeit von Anlagen in Emerging-Market-Anleihen stellen sich Pensionsfondsmanager derzeit die Frage, wie sie mit chinesischen Staatsanleihen und Papieren chinesischer Staatsunternehmen umgehen sollen. Ausschließen oder nicht? Emerging-Market-Lokalwährungsanleihen haben enttäuscht, vor allem aufgrund von Währungsabwertungen gegenüber dem Euro. Deshalb sollten Pensionsfonds über eine Umschichtung in Fremdwährungsanleihen nachdenken. Der erhoffte Mehrertrag und die gewünschten Diversifikationsvorteile wurden in den letzten zehn Jahren nicht immer erzielt.
Für Pensionspläne ist das problematisch. Die anhaltenden Bemühungen, nachhaltiger zu investieren, die Reaktion auf die gestiegene und für längere Zeit höhere Inflation, die Notwendigkeit, mehr Liquidität vorzuhalten, und das neue Zinsparadigma werden 2023 Auswirkungen auf die Neuausrichtung von Pensionsfonds haben. Wir sind der Meinung, dass man liquiden Wertpapieren gegenüber alternativen Anlagen den Vorzug geben wird. Investmentgrade-Anleihen sind mit ihren mittlerweile attraktiveren Renditen jetzt wieder eine Alternative zu Private Debt, und börsennotierte Aktienanlagen könnten sich im Laufe des Jahres erholen.
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