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Wie der Ukraine-Krieg die Energiewende auf dreierlei Weise beschleunigt


Der Krieg in der Ukraine hat zu einem drastischen Umdenken in der europäischen Energiepolitik geführt. Etwa 40% der europäischen Ölimporte und 30% der Gasimporte kamen bislang aus Russland.1 Wenn es hier zu Störungen kommt, wird das für Europa zu einem Problem. Den Regierungen wird zunehmend bewusst, dass die derzeitige Energieversorgung nicht nur ethisch problematisch, sondern auch sehr unsicher ist. Für erneuerbare Energien hat das drei wichtige langfristige Konsequenzen.

Ehrgeizigere Dekarbonisierungsziele

Wegen der derzeitigen Krise haben Regierungen in ganz Europa ihre Ziele für erneuerbare Energien angehoben. So will Großbritannien seine Offshore-Windkraftwerkskapazität bis 2030 auf 50 GW steigern gegenüber nur 10 GW heute2 – und die Solarenergiekapazität soll sich bis 2035 nahezu verfünffachen.

In Deutschland wird die EEG-Novelle schneller als zuvor geplant durchs Parlament gebracht. Wind- und Solarenergie sollen schneller ausgebaut werden. Schon 2035, und damit 15 Jahre früher als bisher geplant, soll in Deutschland fast der gesamte Strom aus erneuerbaren Energien stammen.

Die EU hat sich ähnliche Ziele gesetzt. Zurzeit stammen nur etwa 20% der europäischen Energie aus erneuerbaren Quellen.3 Das im März vorgestellte REPowerEU-Programm skizziert den Weg zur Unabhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen lange vor 2030. Dazu sollen erneuerbare Energien mit „Lichtgeschwindigkeit“ eingeführt werden.4 Außerdem drängt das Europäische Parlament auf eine Ergänzung der EU-Richtline für Erneuerbare Energien. Das Ziel von 40% erneuerbarer Energien im Jahr 2030 soll auf 45% angehoben werden.5

Das sind ehrgeizige Pläne. Neben Investitionen in die Energieerzeugung sind dazu auch Investitionen in das Netz und die Energieverteilung nötig, ebenso wie intelligente Technologien. Diese Zusagen sind für die Regierungen aber recht unproblematisch, denn erneuerbare Energien sind auch ohne Subventionen wirtschaftlich. Viele Unternehmen haben genügend Kapital für die Umstellung, zumal die Kapitalgeber für die Energiewende offen sind.

Die EU hat schon jetzt zugesagt, die Genehmigungsverfahren für Anlagen und den Anschluss ans Netz zu vereinfachen. Bislang waren sie langsam und wenig standardisiert. Verbesserungen kosten den öffentlichen Sektor nichts und dürften die Energiewende wesentlich voranbringen.

Alles in allem hat eine schnellere Energiewende viele Gewinner. In Großbritannien wird das Elektrizitätsnetz von National Grid betrieben. Je mehr Energie von Offshore-Windparks in Schottland in andere Teile Großbritanniens geleitet wird, desto mehr muss in die „Energieautobahn“ investiert werden. Produzenten erneuerbarer Energien wie Vestas, SMA Solar und Iberdrola dürften davon profitieren.

Mehr grüner Wasserstoff

Grüner Wasserstoff wird zwar weniger beachtet als andere erneuerbare Energien, gewinnt aber ebenfalls an Bedeutung. So ist das Kapazitätsziel für das Jahr 2030 in Großbritannien gerade erst auf 10 GW verdoppelt worden.6 „Grauer Wasserstoff“, der aus Erdgas gewonnen wird, war stets deutlich billiger, doch angesichts der steigenden Erdgaspreise scheint grüner Wasserstoff jetzt wettbewerbsfähiger zu sein. Er verspricht außerdem sehr viel mehr Energiesicherheit.

Von allen grünen Energien lässt sich Wasserstoff am leichtesten speichern, um saisonale Schwankungen auszugleichen. Das ist wichtig, wenn auch die Grundlast aus erneuerbaren Energien bestritten werden soll. Die Energieproduktion kann schwanken, abhängig von der Windstärke und den Sonnenstunden. Umso wichtiger ist die Entwicklung von Energien, die verlässlich gespeichert werden können.

Am stärksten dürften vom grünen Wasserstoff Firmen profitieren, die die nötige Technik liefern. Ein Beispiel ist Ceres Power, ein Hersteller von Brennstoffzellen aus leicht verfügbaren Materialien.

Die Politik erkennt, dass die Energiewende nicht verhandelbar ist

Der Politik wird jetzt bewusst, dass es bei der Energiewende kein Zurück gibt. Man fürchtete eine Rückkehr zur Kohleverstromung, um die Energieversorgung kurzfristig zu stabilisieren. Auch wenn zuletzt wieder mehr Kohle verbrannt wurde, steht fest, dass die Energiewende beschleunigt werden soll und das Kohlezeitalter vorbei ist. Neue Kohlekraftwerke sind nicht geplant.

Denkbar schienen auch Sondersteuern auf die hohen Gewinne von Energieunternehmen und Versorger infolge der Rohstoffpreisexplosion. Aber dazu ist es im Großen und Ganzen nicht gekommen. Offensichtlich hat man erkannt, dass es ohne diese Unternehmen keine Energiewende gibt und sie ohne ausreichende finanzielle Sicherheit kaum genügend investieren.

Angesichts des Krieges in der Ukraine hat die Politik die richtigen Entscheidungen getroffen, um die Energieversorgung langfristig nachhaltig zu machen. Der europäische Energiemix dürfte sicherer und verlässlicher werden.

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