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Banken sorgen für Unruhe


Im Überblick

  • Steigende Zinsen und die Auflösung von Guthaben ließen die SVB zusammenbrechen.
  • Das hat vielfältige Konsequenten, auch für die Geldpolitik.
  • Die Lage ist aber völlig anders als 2008. Damals waren die Kreditrisiken hoch und die Banken finanziell schwach.
  • AXA IM schätzt europäische Banken durchaus positiv ein.

Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) hat den Markt kalt erwischt. Manche Beobachter ziehen sogar Vergleiche zu 2008.

Wir halten das nicht für statthaft. Das Problem der SVB waren die Auswirkungen des Zinsanstiegs auf ihr Anleihenportfolio. Hinzu kam, dass immer mehr Technologieunternehmen nach rückläufigen Venture-Capital-Investitionen Einlagen abzogen.

Am 8. März teilte die SVB mit, dass sie einen Großteil ihres Anleihenportfolios zwangsverkaufen musste – mit hohen 1,8 Milliarden US-Dollar Verlust. Außerdem sah sie sich zu einer Kapitalerhöhung um 2,25 Milliarden US-Dollar gezwungen.1

Das löste einen Bank Run aus. Am 10. März mussten die Aufsichtsbehörden intervenieren und die SVB unter die Verwaltung der FDIC stellen, der amerikanischen Einlagensicherung. In der Praxis bedeutet das meist, dass das Institut liquidiert wird, um Einleger und andere Gläubiger zu bedienen.

Auswirkungen auf die Märkte

Die Folgen eines Bankenzusammenbruchs für Anleihen und Aktien hängen von drei Dingen ab. Zunächst kommt es darauf an, ob es sich um ein lokales oder ein systemisches Problem handelt. Zweitens ist wichtig, welche Auswirkungen das Scheitern auf die Funktionsfähigkeit des gesamten Bankensystems hat und was dies für das Wirtschaftswachstum bedeutet. Drittens spielt eine Rolle, ob sich die Geldpolitik der Fed ändert.

Letztlich war der Niedergang der SVB die Folge unterschiedlicher Laufzeiten von Aktiva und Passiva, also einer klassischen Fristeninkongruenz. In den letzten Jahren sind die Einlagen der Bank enorm gewachsen – eine Folge der steigenden Liquidität (durch Quantitative Easing und die expansive Fiskalpolitik in der Coronazeit), aber auch der hohen Investitionen in den Technologiesektor, eine für die SVB wichtige Kundengruppe.

Die Einlagen wuchsen schneller, als es für das Kreditgeschäft nötig war. Die Überschüsse wurden daraufhin in US-Staatsanleihen und Mortgage-Backed Securities investiert. Als die Nachfrage nach ihren Produkten nachließ, mussten viele Technologieunternehmen auf ihre Einlagen bei der SVB zurückgreifen – und die Bank musste sich von einem Teil ihrer mit den Kundengeldern gekauften Aktiva trennen. Da aber zwischenzeitlich die Zinsen gestiegen waren, ging das nur mit Verlust.

Eigentlich hatte die SVB einen Großteil ihrer Anleihen bis zur Endfälligkeit halten wollen, aber jetzt mussten Verluste realisiert werden. Auch von anderen Titeln musste sich die Bank mit Verlust trennen. Am Ende überschritt das Minus das Kapital, und das Institut war insolvent.

Wachsende Einlagen

Auch die Einlagen anderer US-Banken sind in den letzten Jahren gestiegen, aber die Institute sind unterschiedlich damit umgegangen. Die meisten haben Aktiva und Passiva konservativer gesteuert; sie haben etwa in kürzer laufende Wertpapiere investiert oder Zins­risiken abgesichert. Deshalb ist nicht zu erwarten, dass noch sehr viel mehr Institute ähnliche Probleme bekommen wie die SVB. Wegen der vielen amerikanischen Regionalbanken besteht aber dennoch ein Risiko, zumal die Einlagen vor allem aufgrund des jahrelangen Quantitative Easing gestiegen sind. Weitere Probleme lassen sich nicht ausschließen, aber die jüngsten Maßnahmen der Fed dürften die Risiken eindämmen.

Ein tendenziell systemisches Problem ist die Auflösung von Bankguthaben im großen Stil. Da die Zinsen so stark gestiegen sind, lassen sich mit US-Schatzwechseln (T-Bills) und Geldmarktfonds Renditen über dem Einlagenzins erzielen. Für viele Bankkunden kann das ein Anreiz sein, ihre Konten leerzuräumen und stattdessen T-Bills zu kaufen.

Manche Regionalbanken und andere kleinere Institute könnten dadurch Schwierigkeiten bekommen. Ihnen dürfte es dann schwerfallen, weitere Kredite an die lokale Wirtschaft zu vergeben. Zugleich stehen sie unter Druck, höhere Einlagenzinsen zu zahlen, um Abflüsse zu verhindern.

All das dämpft die Nettozinsmargen und macht das Bankgeschäft unrentabler. Schon jetzt gibt es Anzeichen dafür, dass Einlagen von kleineren zu größeren – systemrelevanten und daher stärker beaufsichtigten – Instituten umgeschichtet werden.

Aufgrund dieses Margendrucks, der geringeren Kreditvergabemöglichkeiten und des nachlassenden Anlegervertrauens könnten Bankaktien hinter dem Markt zurückbleiben. Ein systemisches Risiko sehen wir aber nicht. Wir rechnen nicht damit, dass Kunden ihre Konten leerräumen und stattdessen Bargeld halten, wie es bei früheren Bank Runs oft der Fall war. Insgesamt verfügt das Bankensystem über ausreichend Kapital, um Einlagen abzusichern. Auch die Fed hat viele Möglichkeiten, die Märkte mit Liquidität zu versorgen.

Generell nehmen am Aktienmarkt aber die Konjunkturrisiken zu, zumal auch die Kreditbedingungen straffer werden könnten. Die Gewinnerwartungen könnten weiter fallen, vor allem im Bankensektor. Nach dem jüngsten weltweiten Öl- und Gaspreisrückgang ist auch kaum damit zu rechnen, dass sich für den Energiesektor das gute Jahr 2022 wiederholt. Insgesamt liegen die Gewinne je Aktie zwar noch immer über dem Langfristtrend, doch spricht gerade das für weitere Abwärtsrevisionen. In den USA und in anderen Ländern könnten die Kurse fallen.

Die Reaktion der Fed – Garantien für Einlagen und eine Kreditfazilität, bei der Banken ihre Wertpapiere zu pari als Sicherheiten einsetzen können – hat vermutlich schon gereicht, um das Vertrauen in den Bankensektor wieder zu stärken. Allerdings sind diese Entwicklungen tendenziell negativ für die Konjunktur.

Die Reaktion der Geldpolitik

Nach Leitzinserhöhungen um fast 500 Basispunkte zeigt sich immer mehr, dass die US-Wirtschaft auf die straffere Geldpolitik reagiert. Die Probleme der Banken sind deshalb keine Überraschung, vor allem, weil ihre Anleihenbestände stark an Wert eingebüßt haben. Wenn sie zur Absicherung von Verbindlichkeiten dienen, nehmen die Liquiditäts- und Insolvenzrisiken zu.

Die Unternehmensanleihenspreads könnten deshalb steigen – wegen der höheren Risiken und möglicher Störungen des Kreditangebots.

Unternehmen, die Fremdkapital benötigen und auf Bankkredite angewiesen sind, werden sich wohl mit höheren Finanzierungskosten und einem geringeren Kreditangebot abfinden müssen. Je höher ein Unternehmen verschuldet ist, desto schwerer dürfte ihm die Refinanzierung fallen. Die High-Yield-Spreads könnten sich daher stärker ausweiten als die Investmentgrade-Spreads.

Die Fed hat auf die Krise der SVB und anderer Banken schnell reagiert. Sie bleibt ihrem wichtigsten Ziel treu, der Inflationsbekämpfung. Im Februar lag die US-Inflation mit 6% z.Vj. noch immer deutlich über dem Zielwert, und auch die Kernrate betrug nach wie vor 5,5%. Der Fed dürfte es daher wichtig sein, die Zinsen noch etwas anzuheben. Wir gehen davon aus, dass auch die Europäische Zentralbank ganz klar auf die Rückkehr zur Preisstabilität setzt.

Laut Terminmarkt beträgt die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung der Fed um 25 Basispunkte am 22. März zurzeit 60%. Das ist erheblich weniger als vor der SVB-Krise und zeigt, dass die amerikanische Notenbank aus Sicht der Marktteilnehmer jetzt auch die Finanzmarktstabilität mitdenken muss. Es reicht demzufolge nicht mehr, allein auf die Inflation zu achten. Alles in allem halten wir eine Zinserhöhung noch immer für wahrscheinlich und gehen weiterhin davon aus, dass die Leitzinsen am Ende auf über 5% steigen werden.

Mehr Optimismus für Europa

Auch die europäischen Märkte waren in den letzten Tagen volatil. Vor allem Bankaktien gaben nach – wegen der Entwicklungen in den USA, aber auch wegen der Sorgen um die Crédit Suisse. Nach Handelsschluss am 16. März erklärte die Schweizerische Nationalbank, dass sie die Bank stützen werde.

Damit ist aus Anlegersicht ein ungeordneter Zusammenbruch der Crédit Suisse unwahrscheinlicher geworden. Dennoch bleibt die Zukunft des Instituts in der Schwebe. Generell bleiben wir für den europäischen Finanzsektor aber optimistisch.

In Europa scheinen die Risiken durch das Einlagengeschäft kleiner zu sein als in den USA, weil die Institute hier ein konservativeres Asset-Liability-Management pflegen. Für europäische Bankanleihen und ‑aktien sind wir daher gleichermaßen optimistisch. Dominoeffekte wegen der Crédit Suisse halten wir für unwahrscheinlich.

Volkswirtschaftliche Konsequenzen

Die Probleme der Banken in den letzten Wochen haben dem Konjunkturklima geschadet. Unternehmensanleihen, Aktien und der Bankensektor werden negativer eingeschätzt. Man hat deutlich gesehen, was die straffere Geldpolitik für finanzschwächere Institute bedeuten kann. Nicht nur die Kreditrisiken, sondern auch die Zinsrisiken können zum Problem werden.

2008 war es anders. Damals drehte sich alles um Kreditrisiken. Die Banken waren durch Zahlungsausfälle in die Krise geraten.

Heute geht es aber um Zinsrisiken, Fremdkapitalkosten und die Tücken der Fristentransformation. Man kann wesentlich schneller die Zinsen senken als die Bonität verbessern. 2023 ist nicht 2008.

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