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Die neue Unordnung


Mittlerweile gehen die größten weltpolitischen Risiken von der Trump-Administration aus. Sie schert sich nicht um den Status quo, vielleicht mit schwerwiegenden politischen und wirtschaftlichen Folgen. Die Sonderstellung der USA wird allmählich zu einem Problem. Die wichtigste Frage ist, ob die übrigen Länder die USA weiterhin finanzieren. Gestörte Beziehungen, Handelskonflikte und die Notwendigkeit höherer Verteidigungsausgaben in Europa könnten große Folgen für die Kapitalströme haben. US-Aktien und US-Anleihen könnten kräftig fallen.


Winds of Change

Ob bewusst oder unbewusst – Trump bringt die politische und wirtschaftliche Weltordnung gehörig durcheinander. Allianzen und Institutionen zählen in seiner „America First“-Agenda nur wenig. Die USA ziehen sich aus internationalen Institutionen und Abkommen zurück, was die Beziehungen zu anderen westlichen Ländern schwächt und das Welthandelssystem aus dem Gleichgewicht bringt. Diese neue Unordnung kann auch für Investoren zu einem Problem werden. Dennoch blieben die Märkte bislang ruhig. Die US-Zehnjahresrendite schwankt seit Trumps Amtseinführung nur um 25 Basispunkte, der S&P 500 Index um 200 Punkte (3,4%), und der Dollarindex hat gerade einmal 2% verloren. Bis jetzt haben die Märkte die schwerwiegenden Folgen der Trump’schen Außenpolitik mit einem müden Lächeln hingenommen.

Straight Up

Vielleicht haben die Märkte deshalb kaum reagiert, weil die Folgen von Trump 2.0 nicht leicht einzuschätzen sind. Es gibt Hinweise darauf, dass internationale Investoren jetzt etwas weniger in den USA investieren. Europäische Aktien lagen zuletzt vorn. Der EuroStoxx hat seit Jahresbeginn um fast 11% zugelegt, der S&P 500 nur um 4,6%. Emerging-Market- und internationale High-Yield-Anleihen haben amerikanische Investmentgrade- und Staatsanleihen deutlich hinter sich gelassen. Dennoch liegen fast alle Märkte im Plus. Anleger scheinen nicht recht zu glauben, dass die Weltordnung auf den Kopf gestellt werden kann. Aber vielleicht sind sie damit zu optimistisch.

Rip it Up

Das amerikanische Handelsdefizit war Trump schon immer ein Dorn im Auge. Für ihn scheint es das Ergebnis unfairer Handelsbeziehungen mit anderen Ländern zu sein, die die USA „ausnehmen“. Durch die jahrelangen Handelsbilanzdefizite sind die USA im Ausland jetzt hoch verschuldet. Nach Angaben des US Bureau of Economic Analysis (BEA) betrug der Auslandsvermögensstatus der USA im 3. Quartal 2024 fast -24 Billionen US-Dollar (netto; vgl. Abbildung). Der „Rest der Welt“ hat aufgrund seiner kontinuierlichen Handelsbilanzüberschüsse gegenüber den USA in großem Umfang US-Aktiva angesammelt. Trump will, dass sich das ändert.

Reservewährung

Mein Sohn hat mir gerade das Buch Broken Money von Lyn Alden geschenkt. Sie kritisiert darin das Fiat-Währungssystem und prognostiziert, dass Bitcoin im Technologiezeitalter zum Nachfolger von Gold als wichtigem Wertaufbewahrungsmittel wird. Mich überzeugt ihre Argumentation nicht, auch wenn ich ihrer Analyse der Weltwährungsordnung durchaus etwas abgewinnen kann. Wie andere auch argumentiert Alden, dass Fiat-Währungen zu hoher Verschuldung, ungebrochener Geldmengenexpansion und Inflation führen und die Aktiva der Kreditgeber (also die Ersparnisse) dadurch an Wert verlieren. Ihre Beschreibung des Aufstiegs des US-Dollar zur bevorzugten Reservewährung ist gar nicht uninteressant. Trumps Ärger hat nämlich auch damit zu tun, dass der Dollar heute die wichtigste Reservewährung ist. Der Goldpreisanstieg in den letzten Wochen spricht dafür, dass manche Investoren Trumps Frustration dramatische Folgen zutrauen. Eine Rückkehr der USA zum Goldstandard fordern allerdings nur irgendwelche Verschwörungstheoretiker in den sozialen Medien – noch.

Quelle: LSEG Workspace Datastream

Einfach der Beste

Dass der Dollar heute die wichtigste Reservewährung ist, hat viel mit der politischen, wirtschaftlichen und militärischen Dominanz der USA in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu tun. Rohstoffe und andere weltweit gehandelte Güter wurden in US-Dollar bewertet, was sich bislang nicht geändert hat. Für die anderen Länder gibt es gute Gründe, Dollar zu halten. Wie sonst sollten sie ihr Öl bezahlen? Im Gegenzug hatten ihre Exporteure einen besseren Zugang zum US-Markt. Seit Mitte der 70er-Jahre war die amerikanische Handelsbilanz defizitär – erst wegen des Ölpreisschocks und dann wegen der zunehmenden Globalisierung, die den Anteil Japans und später auch Chinas an der Weltindustrieproduktion steigen ließ.

Dollar überall

Auch der erfolgreiche amerikanische Dienstleistungssektor konnte das Handelsbilanzdefizit nicht ausgleichen. Leistungs- und Zahlungsbilanz der USA sind schon lange defizitär. Die Kapitalverkehrsbilanz ist daher im Plus. Wer Rohstoffe, Industrie- und Konsumgüter in die USA exportiert, bekommt dafür Dollar, was die Dollarreserven der ausländischen Notenbanken seit den 1980ern steigen ließ. (Beispiel: Ein japanischer Exporteur liefert Güter in die USA, erhält dafür Dollar und tauscht sie bei japanischen Banken in Yen um. Dadurch baut die Bank of Japan Dollarreserven auf.) Zum Teil blieben die Dollar auch im Privatsektor. Entweder wurden sie auf Geldmarktkonten angelegt, oder man kaufte US-Staatsanleihen und andere Anleihen, aber auch US-Immobilien oder Unternehmen, Aktien und Fondsanteile. Laut Federal Reserve gehören Ausländern heute US-Aktien im Wert von etwa 16 Billionen und US-Staatsanleihen im Wert von 8,6 Billionen US-Dollar.

Long USA

Traditionell kauften ausländische Notenbanken amerikanische Staatsanleihen, während Privatanleger immer mehr in US-Aktien investierten. Nach den Quartalszahlen des BEA waren die ausländischen Nettokäufe amerikanischer Aktien seit 1991 in 75% der Quartale positiv. Im 3. Quartal 2024 kauften Ausländer für 230 Milliarden US-Dollar amerikanische Aktien, Fondsanteile und ETFs. Die Kursgewinne von US-Aktien und die Dollar-Aufwertung haben ausländischen Investoren sehr geholfen. Der Aktienmarkt war ein wichtiges Instrument zur Finanzierung des amerikanischen Handelsbilanzdefizits.

Bewertungsaufschläge

Die Korrelation zwischen Auslandsinvestitionen und der amerikanischen Aktienmarktperformance lässt sich nicht berechnen, aber einen Zusammenhang gibt es zweifellos. Die USA brauchten ausländisches Kapital. Der Aktienmarkt war ein wichtiges Mittel, um es ins Land zu holen. Viel spricht dafür, dass die Kapitalkosten amerikanischer Unternehmen dadurch gefallen sind. Vielleicht sind dadurch die Gewinnmargen gestiegen und – wichtiger noch – Bewertungsaufschläge amerikanischer Aktien gegenüber Titeln aus anderen Ländern entstanden.

Und wo ist das Problem?

Aber was genau mag Trump eigentlich nicht an dieser, wie manche es vielleicht nennen würden, Lieferentenfinanzierung mit Schneeballeffekt? Nach Marktkapitalisierung gehören über 80% der US-Aktien Amerikanern, sodass sie von der guten Performance doch profitiert haben. Viele der weltweit führenden Unternehmen haben ihren Sitz in den USA, und sie haben nicht nur ausländisches Finanzkapital, sondern auch ausländische Talente ins Land geholt – man denke nur an die Technologiefirmen. Trotz gelegentlicher Schwächephasen und Finanz­repression bleibt der Dollar Reservewährung Nummer 1. Die US-Regierung konnte sich so große Defizite leisten und sie so günstig finanzieren, dass andere Länder nur davon träumen könnten. Trump mag es gar nicht, wenn die USA verschuldet sind, und noch viel schlimmer findet er es, wenn Amerikaner mehr ausländische Waren kaufen als Ausländer amerikanische Waren. Vielleicht fürchtet er, dass die großen Investoren in US-Staatsanleihen – wie China – das irgendwann ausnutzen.

Chaos

Zölle sind das Mittel der Wahl, wenn man etwas gegen Handelsungleich­gewichte unternehmen will. Trump will ausländische Güter in den USA teurer machen – in der Hoffnung, dass die amerikanischen Verbraucher dann weniger davon kaufen oder ausländische Firmen in den USA produzieren, statt sie vom Ausland zu beliefern. Dann würde die Arbeitskräftenachfrage in den USA zulasten anderer Länder steigen. Trump hat umfassende Zölle angedroht, auch wenn davon bislang noch nicht viel umgesetzt wurde. Wir müssen uns aber nichts vormachen. Er will ein niedrigeres Handelsbilanzdefizit, selbst wenn das alte Handelspartner irritiert, Lieferketten stört, Kosten steigen lässt und die amerikanische Inflation anheizt.

Schwarze Schwäne

Wie bereits gesagt – all das ist nicht leicht zu modellieren. Ein Handelskrieg kann die unterschiedlichsten Konsequenzen haben. Machen Sie sich da nichts vor. Wenn Trump das Handelsbilanzdefizit wirklich senkt, fließt zwangsläufig weniger Kapital ins Land. Aber was ist, wenn diese Kapitalzuflüsse ein wichtiger Grund für die hohen Bewertungsaufschläge amerikanischer Aktien waren? Werden die Kurse bei niedrigeren Nettomittelzuflüssen dann fallen? Und was ist, wenn die politische Risikoprämie des US-Dollar steigt? Vielleicht lässt das ausländische Interesse an amerikanischen Staatsanleihen und Aktien dann nach. China diversifiziert seine Währungsreserven schon seit einigen Jahren. Vor zehn Jahren befanden sich 20% der Auslandsbestände an US-Staatsanleihen in chinesischen Händen, heute sind es weniger als 10%. Ein schwächerer US-Dollar und höhere US-Anleihenrenditen könnten zu Extremrisiken werden, wenn die USA weiter auf Konflikt setzen.

Diese Woche habe ich mir eine Präsentation zu weltpolitischen Risiken angehört. Der Referent nannte die USA „die wichtigste Risikoquelle unserer Zeit“. Das habe es noch nie gegeben. Wir betreten Neuland. Es würde den Rahmen sprengen, jetzt noch auf die unterschiedlichen Lösungsmöglichkeiten für den Ukrainekrieg einzugehen. Manche Szenarien sind für uns nur schwer akzeptabel, sind wir doch eine Welt gewohnt, in der die USA als unser Verbündeter die Sicherheit garantieren. Nach Chinas jüngstem Angriff aufs Silicon Valley, der Selbstverzwergung des US-Kongresses und wegen der neuen Risiken durch die amerikanische Außenpolitik könnte es aber klug sein, US-Titel zu verkaufen und Kapital zu repatriieren (und dabei vielleicht auch etwas in Gold und/oder Bitcoin zu investieren).

Performancedaten/Quellen: LSEG Workspace Datastream, Bloomberg, AXA IM, Stand 20. Februar 2025, falls nicht anders angegeben. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist kein Hinweis auf künftige Erträge.

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