Olé, olé, die Märkte sind ok
Trump ist zwar erst wenige Tage im Amt, aber seine ersten Worte und Taten haben den Märkten nicht geschadet. Ganz im Gegenteil: Nach einem schwierigen Jahresbeginn haben Aktien zugelegt und Anleihen ebenfalls. Trumps Botschaft ist klar: Wachstum und Vermögensbildung. Sein Konzept dafür mag vielen missfallen, aber noch mehr scheinen es zu mögen. Es lohnt sich, investiert zu bleiben. Diversifikation dürfte sich auch lohnen, denn Chancen gibt es viele. Wertzuwachs oder laufender Ertrag? Nehmen Sie doch beides.
Weiter, immer weiter
In Trumps erster Woche ist viel passiert. Man könnte fürchten, dass die Märkte irgendwann doch negativ auf etwas reagieren, was er sagt oder androht. Aber noch ist das nicht der Fall. Wenn etwas berechenbar ist, dann Trumps Unberechenbarkeit. Aber das haben wir ja gewusst. Anleger realisieren auch, dass Trump die Vermögensbildung fördern und dazu so viele Hindernisse wie möglich beseitigen will. Sein Programm hat wenig mit dem zu tun, was man an der Uni über Wirtschaft lernt. Stattdessen setzt er auf Konflikte – und Deals zum Wohle seiner Anhänger. Fest steht, wem er nichts Gutes wünscht: Einwanderern, anderen Ländern und allen, die ihn nicht gewählt haben oder der Vorgängerregierung nahestanden. Unklar ist aber, ob und wie ärmere Haushalte von den Trumponomics profitieren – Haushalte also, deren Lebensstandard in drei Inflationsjahren stark gefallen ist. Das Ende der Wokeness und Angriffe gegen Strohmänner, die er damit dem Volkszorn aussetzt, reichen aber, um in Amerika neuen Optimismus zu schaffen, zumindest vorerst. Die Märkte reagieren entsprechend: Anleihenrenditen fallen, Aktienkurse steigen, und bei amerikanischen Unternehmen klingeln die Kassen.
Hausse
Von Bidens Amtseinführung 2021 bis zu Trumps Amtseinführung diese Woche hat man mit dem S&P 500 Index 63,3% verdient (13% p.a.). Ich bin mir sicher, dass Trump mehr will. Seine Förderung der Künstlichen Intelligenz (oder allgemein der Technologie), die Unterstützung des Öl- und Gassektors und die beabsichtigte Deregulierung des Finanzsektors lassen auf weitere Kursgewinne hoffen. Vermeiden will der neue Präsident auf jeden Fall eine höhere Inflation, steigende Zinsen und Konkurrenz aus dem Ausland. Er glaubt, dass Zölle ausländischen Exporteuren mehr schaden als amerikanischen Verbrauchern. Unterdessen hat er viel Wind darum gemacht, dass ihm ausländische Unternehmen Investitionen in Milliardenhöhe versprechen. Die neue Regierung hat einen großen Vertrauensvorschuss, der den US-Börsen erst einmal hilft.
Zeit für Europa?
Dabei liegen seit Jahresbeginn doch europäische Aktien vorn. Wie so oft wird viel darüber gesprochen, ob Europa jetzt endlich aufholt – was etwas unfair ist, verzeichnete der EuroStoxx letztes Jahr doch 10,3% Gesamtertrag. Wie immer wird mit der Bewertung argumentiert. Vor einigen Wochen hatte ich die konjunktur- und inflationsbereinigten Kurs-Gewinn-Verhältnisse berechnet. US-Aktien kosteten fast das 30-Fache der erwarteten Gewinne, europäische Aktien eher das 20-Fache. Die unbereinigten erwartungsbasierten KGV sind zurzeit sogar noch niedriger. Manche europäische Länderindizes bieten Dividendenrenditen von über 3,0%, und in Ländern wie Spanien und Italien ist es noch sehr viel mehr. Die Konsens-Gewinnwachstumserwartungen für dieses Jahr sind im Januar auf 8,4% gestiegen. Ich halte europäische Aktien für attraktiv bewertet. Der Konjunkturausblick hat sich keineswegs verschlechtert. Die Stimmung war zuletzt aber nicht gut – wegen politischer Schwierigkeiten, Haushaltszweifeln und der schwachen deutschen Konjunktur. Es ist also Raum für neuen Optimismus. Ein Ende des Krieges in der Ukraine, eine Erholung der chinesischen Wirtschaft und Zinssenkungen der EZB könnten europäischen Aktien helfen. Während Trump grüne Technologien in den USA nicht mehr fördern will, könnten europäische Regierungen die Dekarbonisierung weiter unterstützen, auch um die Energiesicherheit zu verbessern. Auch dieses Jahr scheinen 10% Ertrag denkbar.
Ja, aber die USA …?
Es gibt also gute Argumente für europäische Aktien. Dennoch fällt es schwer, gegen die USA zu wetten. Die Berichtssaison für das 4. Quartal hat stark begonnen; die Zahlen lagen stets über den Erwartungen, und das Wachstum scheint hoch. Seit Jahresbeginn ist die Sektorperformance ausgeglichener, mit Industrie- und Energiewerten an der Spitze. Die zahllosen Äußerungen und Erlasse aus dem Weißen Haus und die Tatsache, dass bislang noch keine Importzölle angekündigt wurden, haben Aktien genützt. Auch die Anleihenrallye hat geholfen, zumal sie weitere Bewertungszweifel wie in der ersten Woche des Jahres verhindert hat. US-Verbraucher profitieren weiter vom stabilen Arbeitsmarkt, steigenden Reallöhnen und einem beachtlichen Vermögenseffekt. Mindestens die Hälfte der amerikanischen Wähler ist mit der politischen Entwicklung sehr zufrieden. Hinzu kommt, dass die neue Regierung sehr unternehmensfreundlich ist. Die Animal Spirits sind zurück, und die Technologieinvestitionen werden die Märkte weiter antreiben. Die Kreditzinsen mögen heute zwar höher sein als vor einigen Jahren, aber für börsennotierte Unternehmen werden 14% Gewinnwachstum erwartet. Was also sollte einem an amerikanischen Unternehmen nicht gefallen?
Aktien … und Credits
Gute Fundamentaldaten von Aktien sind meist auch gut für Unternehmensanleihen. Sie haben Staatsanleihen bislang hinter sich gelassen; mit US-High-Yield hat man schon jetzt über 1 Prozentpunkt Mehrertrag erzielt. Mehr und mehr wird akzeptiert, dass enge Credit Spreads auf gute Fundamentaldaten der Emittenten hinweisen. Die amerikanischen High-Yield-Spreads sind in den letzten Jahren strukturell gefallen, weil sich die Kreditqualität am Markt insgesamt verbessert hat. Der Anteil von CCC-Titeln ist heute niedriger, der von BB-Anleihen höher. Außerdem ist die Indexduration heute kürzer. High-Yield-Erträge von etwa 7% in den USA und etwa 6% in Europa scheinen dieses Jahr durchaus möglich.
Lassen Sie mich aber noch einmal auf den laufenden Ertrag zurückkommen. Höhere Unternehmensgewinne in Europa helfen den Dividendenrenditen und den laufenden Erträgen von Credits. Da die Zinsen seit letztem Jahr gefallen sind und wohl weitere Zinssenkungen anstehen, kann man am Geldmarkt nicht mehr so viel verdienen. In den letzten zwölf Monaten lagen die Geldmarktzinsen über den laufenden Erträgen von dollar-, euro- und sterlingdenominierten Unternehmensanleihen. Aber das ändert sich jetzt, da die Geldmarktzinsen fallen und die laufenden Anleihenerträge dank höherer Coupons steigen.
Ende 2020 betrugen die Coupons von Investmentgrade-Anleihen durchschnittlich 3,8% in den USA, 1,6% in Europa und 4,0% in Großbritannien. Heute sind es 4,3%, 2,5% und 4,3%. Der Durchschnittscoupon wird weiter steigen, wenn niedriger verzinsliche Titel fällig werden. In den USA wurden diese Woche Unternehmensanleihen mit Coupons von 4,5% bis 6% begeben. Natürlich sind Anleihen nicht frei von Kursrisiken, und Inflations- bzw. Haushaltssorgen könnten die Zinsen steigen und die Kurse fallen lassen. Dennoch dürften die laufenden Erträge von Credits kontinuierlich steigen.
My Country, ’Tis of Thee
Die Zeiten scheinen also gut zu sein für Investoren. Trumps Vermögensbildungsprogramm nützt Aktien. Die Welt ist mit dem Waffenstillstand im Gazastreifen etwas sicherer geworden, ein Ende der Kämpfe in der Ukraine scheint denkbar, und die Inflation war letzte Woche erst einmal stabil.
Es ist aber nicht alles gut. Wenn die USA tatsächlich Zölle gegen Kanada, Mexiko und China verhängen, würde das amerikanischen Verbrauchern schaden und die US-Inflation anheizen. Die Zinsen könnten dann steigen, weil die US-Wirtschaft weiter wächst und Personal noch immer knapp ist, nicht zuletzt wegen Trumps einwandererfeindlicher Politik. Auch könnten die Animal Spirits überhandnehmen. Die Ausfallquoten von Leveraged Loans sind schon weiter gestiegen. Die Risiken von Trumps Politik sind lange bekannt. Noch immer könnte sie zu höherer Marktvolatilität und Verkaufswellen führen. Am besten ist es daher, wenn man diversifiziert – indem man nicht nur in den USA, sondern auch in Europa in Aktien investiert, sich auf eine mögliche Erholung Chinas vorbereitet, die laufenden Erträge von Anleihen nutzt und bei den jetzt höheren Renditen die Duration verlängert. Die interessantesten Themen dürften Technologie, Energie allgemein (Strom und alles, was dazugehört) sowie Finanzen (Banken) sein.
Vergessen Sie die Notenbanken nicht
Nächste Woche sind die Augen wieder auf die Notenbanken gerichtet. Die Fed wird am 29. Januar ihre nächste Zinsentscheidung bekannt geben. Am Markt schließt man eine Senkung aus, und wir sehen es genauso. Dennoch wird interessant sein, was die Fed in ihrer ersten Pressekonferenz seit Trumps Amtseinführung sagt, könnte sie damit doch die Anleihenmärkte bis zum Quartalsende bestimmen. Der EZB-Rat trifft sich einen Tag später. Am Markt geht man von einer Zinssenkung um 25 Basispunkte aus, und auch da stimmen wir zu. Für die Sitzung der Bank of England am 6. Februar sind die Erwartungen ähnlich. Insgesamt dürfte die Geldpolitik die Märkte weiter stützen.
Der König ist tot
Ich weiß nicht mehr, was ich zu dieser Mannschaft von Manchester United sagen soll. Trainer Rúben Amorim könnte recht haben, wenn er sie die „vielleicht schlechteste überhaupt“ in der Vereinsgeschichte nennt. Aber es ist an ihm und dem Verein, das zu ändern. Wieder steht ein Neubeginn an. Der Tod von Vereinslegende Denis „The King“ Law letzte Woche erinnerte die Fans nicht nur daran, was er für United geleistet hat, sondern auch an seine Mitverantwortung für den Abstieg in die Zweite Liga 1974. So etwas kann passieren. Auch jetzt ist United nur fünf Plätze und 10 Punkte von der Abstiegszone entfernt. Ich bin für einen Neustart, will aber ganz bestimmt keinen Abstieg. Unsere Erfolgsbilanz gegen Fulham, den Gegner am Wochenende, ist beeindruckend, aber in der gegenwärtigen Form droht dem Team eine weitere Demütigung. Aber immerhin sind Anleihen und Aktien gestiegen!
Performancedaten/Quellen: LSEG Workspace Datastream, Bloomberg, AXA IM, Stand 22. Januar 2025, falls nicht anders angegeben. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist kein Hinweis auf künftige Erträge.
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